EU-Parlament: Neustart in Krise und Turbulenzen

(c) AP (Christian Lutz)
  • Drucken

Banken, Budget und Co.: Auf die neuen Abgeordneten warten Konfliktthemen. Weiterhin strittig ist, wer in die EU einwandern darf – und vor allem, zu welchen Bedingungen. Noch im Frühjahr setzte sich das EU-Parlament für lockerere EU-Regeln ein.

STRASSBURG. Am Dienstag formiert sich das neue EU-Parlament in Straßburg. 736 Abgeordnete aus 27 Ländern zählt es, 17 Abgeordnete kommen aus Österreich. Der EU-Vertrag von Nizza räumt dem Parlament viel Mitsprache in der EU-Gesetzgebung ein. Kommt im Herbst der neue EU-Vertrag von Lissabon, hat es in der Agrar-, Justiz- und Innenpolitik sowie beim EU-Budget noch mehr Einfluss. Welche Themen werden das EU-Parlament als Nächstes beschäftigen? Es sind fünf heiße Fragen:

1. Bankenpaket: Was tun gegen die Krise?

Das EU-Parlament ringt um Erleichterungen für schwer angeschlagene Banken sowie Betriebe, die dringend Kredite brauchen. Geht es nach dem ÖVP-Bankenexperten Othmar Karas, dann werden Teile der sogenannten Basel-II-Regeln sowie der Bilanzierungsrichtlinie vorübergehend gelockert. Demnach müssten Banken für eine befristete Zeit nicht mehr so viele Eigenmittel hinterlegen, um Kredite abzusichern, und Antragsteller für Kredite hätten eher die Chance, Geld zu bekommen. Der Rat, die Vertretung der 27 Länder, sowie die EU-Kommission zögern noch. Doch das EU-Parlament entscheidet in der Frage mit.

2. Haushalt: Was darf es kosten?

Wie viel die EU ausgibt, bestimmt auch das EU-Parlament mit. Die nächste Bewährungsprobe ist das EU-Budget 2010, das die Kommission höher ansetzen will als die EU-Regierungen. Bis Jahresende soll es einen Kompromiss gemeinsam mit dem Parlament geben – auch über die brisante Frage, woher die 2,4 Mrd. Euro für das geplante Paket für mehr Breitband und Energie kommen sollen. 2010 stehen erste Verhandlungen über den neuen EU-Finanzrahmen bis 2020 an.

3. Erweiterung: Welches Land darf beitreten?

Die jeweiligen parlamentarischen „Berichterstatter“ kontrollieren den Fortgang der Reformen in den Beitrittskandidatenländern. Über den fertigen Beitrittsvertrag entscheidet neben den Mitgliedstaaten das EU-Parlament. Am aussichtsreichsten ist die Lage für Kroatien. Die deutschen Christdemokraten in Straßburg wollen aber für Erweiterungen eine neue Hürde aufstellen: Sie fordern, dass ihr nationales Parlament über die Öffnung jedes Verhandlungskapitels abstimmt. Dies könnte vor allem den Beitrittskandidaten Türkei negativ betreffen.

4. Klima und Umwelt: Was kommt?

Erst kommt der EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Spätherbst in Brüssel. Dabei wollen die Länder ihre Linie für die Kopenhagener Klimakonferenz Ende des Jahres fixieren, bei der ein neues internationales Klimaabkommen verhandelt werden soll. Mit ihrem Klima- und Umweltpaket haben sich die EU-Länder bereits auf mindestens minus 20 Prozent CO2-Ausstoß oder plus 20 Prozent erneuerbare Energien geeinigt. Wie genau die Ziele gesetzlich umgesetzt werden, wird 2010 außer im Rat der Länder und in der Kommission im EU-Parlament festgelegt.

5. Zuwanderung: Wer darf in die EU?

Weiterhin strittig ist, wer in die EU einwandern darf – und vor allem, zu welchen Bedingungen. Im Frühjahr setzte sich das EU-Parlament für lockerere EU-Regeln, etwa beim Familiennachzug und beim Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt (ab sechs Monaten), ein. Doch die Mehrheit der Länder bremst. Bald soll es neue Verhandlungen geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

FPÖ und Liste HPM im neuen EU-Parlament fraktionslos

Die FPÖ hatte sich bis zuletzt um Aufnahme der Freiheitlichen in die neu gegründete euroskeptische und nationalistische Rechtsfraktion "Europa der Freiheit und Demokratie" bemüht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.