EU-Rüge für Bulgarien und Rumänien

(c) AP (Paul Buciuta)
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Die Kommission fordert von den EU-Ländern rasche Reformen. EU-Geld wurde für Bulgarien bereits vor einem Jahr blockiert: Damals legte die EU-Kommission rund 800 Millionen Euro Fördergeld auf Eis.

BRÜSSEL. Anfang 2007 sind Bulgarien und Rumänien der EU beigetreten – und noch immer haben sie nicht das EU-Niveau erreicht. Zumindest nicht in der Justiz, im Kampf gegen Korruption und Kriminalität. So lesen sich die beiden „Fortschrittsberichte“ über die zwei jüngsten EU-Mitglieder, die die EU-Kommission gestern, Mittwoch, in Brüssel vorlegte. Demnach lassen beide Länder noch Rechtsstaatlichkeit wie in den 25 anderen EU-Ländern vermissen. Das Justizsystem müsse transparent werden und nachvollziehbare Urteile hervorbringen, so urteilt die EU-Kommission. Korruption und Kriminalität müssten eingedämmt werden, während bisher noch der Verdacht bestehe, dass sogar die politische Klasse darin verwoben ist. Vor allem Bulgarien bleibe noch eine Reform der Verwaltung und große Fortschritte im Kampf gegen die organisierte Kriminalität schuldig.

„Wenn es überzeugende Resultate bei den Justizreformen und im Kampf gegen Korruption und im Falle Bulgariens das organisierte Verbrechen geben soll, muss mehr getan werden“, sagte Johannes Laitenberger, der oberste Sprecher der EU-Kommission.

Mit ihrer Zwischenbilanz über die Reformen in Bulgarien und Rumänien bestätigt die EU-Kommission Kritiker, die meinen, die Kommission hätte, stellvertretend für alle Mitgliedstaaten, noch vor den EU-Beitritten Bulgariens und Rumäniens 2007 in den Beitrittsverhandlungen sicherstellen müssen, dass die Länder bereits das EU-Niveau erreicht haben.

„Wir müssen die Konsequenz ziehen, diese Dinge vor dem Beitritt geregelt zu haben, damit wir nicht wieder dieses nicht sehr fruchtbringende Spiel nach dem Beitritt haben wie jetzt mit Bulgarien und Rumänien“, sagte der EU-Parlamentarier und Außenpolitikexperte Hannes Swoboda (SPÖ) der „Presse“.

EU-Parlamentarier: „Druck fehlt“

Auch für die grüne Delegationsleiterin Ulrike Lunacek ist klar, dass man weitreichende Reformen vor den EU-Beitritten hätte sicherstellen müssen. „Jetzt fehlt der Druck. Selbst wenn man für Bulgarien Geld streicht, funktioniert das leider nicht wirklich“, so Lunacek.

EU-Geld wurde für Bulgarien bereits vor einem Jahr blockiert: Damals legte die EU-Kommission rund 800 Millionen Euro Fördergeld auf Eis, weil der Kampf gegen die Korruption zu langsam vor sich ging. Im Mai 2008 gab die Kommission allerdings rund 115 Millionen Euro wieder frei, weil die bulgarische Regierung Teilerfolge erzielt hatte. Frühestens nach dem Sommer, nach weiteren Beobachtungen, könne die Behörde weitere Mittel freigeben, so hieß es am Mittwoch in Brüssel.

Ausführliche „Fortschrittsberichte“ will die EU-Kommission wieder in einem Jahr präsentieren. Für Swoboda sind das keine rosigen Aussichten: „Wir haben das Problem, dass Kommissionsbeamte einen Bericht und Vorschläge präsentieren, und dann verpufft das“, meinte er zur „Presse“. Für Swoboda braucht es „mehr politischen Dialog mit den Verantwortlichen vor Ort, mit denen, die ein Gesetz machen oder eben nicht, die Kontrollen durchführen oder eben nicht“. Auch Lunacek fordert eine „genauere Kontrolle der EU. Sie muss massivere Maßnahmen setzen gegen Korruption und für Transparenz.“

Verhaltene Reaktionen

In den betroffenen Ländern nahm man die EU-Berichte verhalten auf. Allgemein wird in Sofia und Bukarest der Reformwille betont. „Am wichtigsten ist, dass Bulgarien jetzt nicht mehr durch die Sicherheitsklausel (zur Aussetzung bestimmter EU-Rechte, Anm.) bedroht wird“, sagte der scheidende Innenminister Mihail Mikov gemäß der heimischen Nachrichtenagentur BTA und der Austria Presse Agentur zu einer entsprechenden Feststellung der EU-Kommission. Sein designierter Nachfolger Tsvetan Tsvetanov betonte, er wolle die Empfehlung der Kommission beherzigen, eine einheitliche Korruptionsbekämpfungsbehörde zu schaffen. Meinung, Seite 27

AUF EINEN BLICK

Bulgarien wurde von der EU-Kommission aufgefordert, ein unabhängiges Rechtssystem in der Verfassung zu garantieren und Korruption an den Grenzen und in Behörden besser zu bekämpfen.

Rumäniens Rechtssystem stehe „zu einem bestimmten Maß unter politischem Druck“, so urteilt die EU-Behörde. Seine Justiz müsse künftig unabhängig von der Politik arbeiten können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2009)

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