Streit um Neuzulassung von Glyphosat geht ins Finale

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THEMENBILD/ARCHIVBILD: PESTIZIDE / PESTIZIDVERBOT / PFLANZENSCHUTZMITTELAPA/DPA/PATRICK PLEUL
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Die EU entscheidet bis Donnerstag, ob der umstrittene Unkrautvernichter erneut zugelassen werden soll. Die Verhandlungen werden von Protesten begleitet - auch in Österreich.

Begleitet von Protesten haben in Brüssel die Verhandlungen über die Zukunft des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat in Europa begonnen. Vor dem Gebäude, in dem die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission bis Donnerstag beraten, protestierten Demonstranten gegen eine mögliche Verlängerung der Zulassung. Auch in Wien und Berlin waren die Umweltschützer aktiv. "Stop Glyphosat" war auf Plakaten zu lesen. In Wien wurden am Dienstag 49.200 Protestbriefe gegen die Wiederzulassung von Glyphosat und ein offener Brief an die 28 EU-Mitgliedsstaaten beim Landwirtschaftsministerium deponiert. Weitere Proteste waren für den frühen Nachmittag im Brüsseler Europaviertel geplant.

Die unter Umständen entscheidende Haltung der deutschen Bundesregierung war auch zu Verhandlungsbeginn weiter unklar. Das Landwirtschaftsministerium (CDU) ist für eine Verlängerung, die SPD-geführten Ressorts wie das Umweltministerium dagegen. Sollte es bis zu einer möglichen Abstimmung weiter bei diesem Patt bleiben, müsste sich Deutschland enthalten.

WHO: Krebsrisiko unwahrscheinlich

Seit Montag liegt eine WHO-Studie vor, wonach ein Krebsrisiko durch Glyphosat-Rückstände in der Nahrung unwahrscheinlich ist. Das stellten Experten der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fest. Die Aussage deckt sich auch mit der Einschätzung der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), auf die sich die EU-Kommission beruft. Eine andere, bereits länger bekannte WHO-Studie der Internationalen Behörde für Krebsforschung (IARC) kam hingegen zu dem Schluss, dass der Stoff wahrscheinlich krebserregend ist. Diese differierenden Ansichten sind mit dem Unterschied zwischen Risikoeinschätzung und Gefahreneinschätzung zu erklären. Während letztere sich damit beschäftigt, ob ein Stoff grundsätzlich Krebs auslösen kann, geht es bei der ersten Frage darum, zu klären, ob die üblichen Rückstandsmengen eine Gefahr für den Konsumenten darstellen.

APA

Für den Obmann der österreichischen IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IPG), Christian Stockmar, ist die fachliche Sicht der Dinge klar und mit der FAO-Einschätzung sei die EFSA bestätigt worden. "Hier wurde die Unbedenklichkeit attestiert", sagte er im Gespräch mit der APA, und in der Wissenschaft gebe es nie ein Nullrisiko, fügte er hinzu. "Die IARC hat gar nicht die Aufgabe, einzuschätzen, wie die Stoffe in ihrer Verwendung wirken, sondern beurteilt nur den Stoff für sich.“

Kritik von Grünen und Global 2000

Eine konträre Haltung hat die Umweltschutzorganisation Global 2000 zu den Studien über Risiko- und Gefahreneinschätzung und ist daher gegen eine Wiederzulassung. "Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass sich für krebserregende Stoffe, die erbgutschädigend sind, keine sichere Dosis bestimmen lässt, unter dem die Substanz keine schädliche Wirkung hat", sagte der Chemiker der NGO, Helmut Burtscher.

Kritik an der aktuellen Studie kommt auch von den Grünen: "Dass ausgerechnet jetzt, wenige Tage vor der entscheidenden Abstimmung, eine neue UN-Studie die angebliche Unbedenklichkeit des Totalherbizids bescheinigen soll, ist eine leicht durchschaubare Chuzpe", sagte die grüne Delegationsleiterin im EU-Parlament, Ulrike Lunacek. Alternativen zu Glyphosat gebe es genug.

(APA)

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