Brexit: Welche Folgen ein "Remain" hat

A woman reads a newspaper on the underground in London with a ´vote remain´ advert for the BREXIT referendum
A woman reads a newspaper on the underground in London with a ´vote remain´ advert for the BREXIT referendum(c) REUTERS (RUSSELL BOYCE)
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Großbritanniens Entscheidung über die EU-Mitgliedschaft wird in jedem Fall Folgen haben. „Die Presse“ fasst die wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen eines "Remain" zusammen.

Innenpolitisch. Eine Entscheidung der Briten für einen Verbleib in der EU würde Premierminister David Cameron zumindest vorerst Rückendeckung verschaffen. Allerdings bliebe seine Partei, die Tories, gespalten. Die Führungsfrage bei den Konservativen wäre nicht ausgestanden. Für die nationalistische UKIP wäre ein Remain nach den Parlamentswahlen eine zweite herbe Niederlage. Profitieren könnte Labour, da die Arbeiterpartei deutlich geschlossener für einen Verbleib eingetreten ist.


Wirtschaftlich. Ein Verbleib in der EU dürfte zu einer raschen Stärkung des Pfunds beitragen. Der Abwärtstrend der vergangenen Wochen sollte enden. Es wird auch mit einer Erholung der Börsenkurse gerechnet. Wegen der Unsicherheit über die Zukunft des Landes in der EU hat der Londoner Börsenindex FTSE 100 im vergangenen Jahr um 800 Punkte verloren. Das Wachstum würde hingegen nur langsam wieder anziehen. Die OECD hat ihre Prognose von 2,2 auf 1,7 Prozent gesenkt. Ein Verbleib dürfte vorerst zurückgehaltene Investitionen realisieren.


Verhältnis zur EU. Wer glaubt, eine Entscheidung für die Mitgliedschaft würde Großbritannien zu einem willfährigen Mitglied machen, wird sich täuschen. Vorerst würde die britische Regierung auf Umsetzung ihrer neu ausgehandelten Sonderregelungen drängen. Premierminister Cameron hat die Zusage für Einschränkungen von Sozialleistungen bei zugewanderten EU-Bürgern erhalten. Außerdem ein Versprechen, dass die strengen EU-Bankenregeln in der Londoner City keine Anwendung finden. Wie bereits nach dem ersten Austrittsreferendum 1975 wird Großbritannien auch künftig darauf drängen, in der EU Sonderregeln zu erhalten. Neue Forderungen etwa zur Anwendung von EuGH-Urteilen sind nicht ausgeschlossen. Auch der umstrittene Rabatt bliebe vorerst erhalten.


Zusammenhalt des Landes. Ein Verbleib in der EU wird den Zusammenhalt Großbritanniens vorerst sichern. Schottland dürfte in diesem Fall vorerst kein Referendum über eine Abspaltung durchführen. Auch Nordirland würde derartige Gedanken wieder in die Schublade legen. Aufatmen wird Gibraltar, das befürchten musste, im Falle eines EU-Austritts mit neuen Begehrlichkeiten Spaniens konfrontiert zu werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2016)

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