Klimaschutz im Schatten des Brexit

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EU-Kommission präzisiert CO2-Ziele bis 2030. Österreichs Landwirte und Frächter müssen ihre Emissionen um 36 Prozent kappen.

Brüssel. In der Politik mögen 14 Jahre eine halbe Ewigkeit sein, doch beim Klimaschutz ist es eine relativ kurze Zeitspanne. Bis 2030 will die EU den Ausstoß von Treibhausgasen (Kohlendioxid und CO2-Äquivalent) um insgesamt 40Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 senken – dieses Ziel setzten sich die Europäer im Vorfeld der letztjährigen Weltklimakonferenz in Paris. Damit soll gewährleistet werden, dass die Erde im laufenden Jahrhundert um weniger als zwei Grad Celsius wärmer wird.

Was jene Wirtschaftszweige anbelangt, die am Emissionshandel partizipieren (also vor allem Schwerindustrie und Energieerzeuger), gibt es bereits konkrete Fahrpläne zur Erreichung dieses Ziels – die anvisierte CO2-Reduktion beträgt 43Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2005. Am gestrigen Mittwoch legte die EU-Kommission dar, welchen Beitrag zum Klimaschutz die anderen Bereiche– Landwirtschaft, Verkehr, Abfallentsorgung und Baubranche – leisten sollen. Diese Sektoren sind nach Kommissionsangaben für knapp 60 Prozent der Schadstoffausstöße verantwortlich. Für alle 28 Mitgliedstaaten hat die Brüsseler Behörde konkrete Zielvorgaben errechnet: So soll Österreich beispielsweise seine Emissionen um 36 Prozent reduzieren, die Vorgabe für Deutschland beläuft sich auf 38 Prozent, Luxemburg und Schweden sollen bis 2030 gar 40 Prozent gegenüber 2005 einsparen. Im EU-Durchschnitt beträgt das angepeilte Minus 30 Prozent.

Am anderen Ende des Spektrums liegen die osteuropäischen Mitgliedstaaten, die deutlich bescheidenere Vorgaben erhalten haben: Polen muss seine Emissionen um sieben Prozent senken, Tschechien und die Slowakei um 14 bzw. zwölf Prozent, das wirtschaftlich rückschrittliche Bulgarien braucht bis 2030 gar keine zusätzlichen Anstrengungen zu unternehmen. Die Osteuropäer hatten im Vorfeld (mit Erfolg) darauf hingewiesen, dass ihre Industrien noch nicht entwickelt genug sind, um ambitionierte Ziele verkraften zu können.

Neun weiteren Mitgliedstaaten (darunter Österreich) kam die Kommission insofern entgegen, als sie es erlauben will, überschüssige Emissionszertifikate für die Tilgung von Umweltsünden in anderen Sektoren punktuell einsetzen zu können – es geht um einen zusätzlichen Spielraum von zwei bis vier Prozent. Weitere Boni (im niedrigen einstelligen Prozentbereich) ergeben sich durch die Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Ressourcen – Stichwort grüne Lunge Wald.

Nach Vorstellungen der Kommission sollen Frächter und Logistiker verstärkt in die Pflicht genommen werden – der Gütertransport auf der Straße ist nach EU-Angaben für ein Viertel der CO2-Emissionen im Straßenverkehr verantwortlich – Tendenz steigend. Nach Vorstellungen der Brüsseler Behörde sollen die Lkw-Hersteller künftig strengeren Abgasnormen unterworfen werden, auch über die Einführung von Treibstoffeffizienzstandards will man in Brüssel nachdenken.

Ersatz für die Briten

Über der Klimastrategie hängt allerdings ein Schatten der Unsicherheit namens Brexit: Das EU-Mitglied Großbritannien sollte nämlich dazu verpflichtet werden, seine Emissionen um überdurchschnittliche 37 Prozent zu senken. Treten die Briten aus der EU aus, müssten sich andere Unionsmitglieder mehr anstrengen. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2016)

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