EU setzt Polen Frist, danach Sanktionen möglich

Die PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski gerät in Bedrängnis
Die PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski gerät in Bedrängnis(c) APA/AFP/JANEK SKARZYNSKI (JANEK SKARZYNSKI)
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Binnen drei Monaten muss die umstrittene Justizreform samt Aushöhlung des Verfassungsgerichts geändert werden.

Die EU-Kommission verlangt von Polen binnen drei Monaten Änderungen an der umstrittenen Justizreform. Die Behörde treibt damit das zum ersten Mal angewandte Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit weiter voran. Gebe es keine zufriedenstellende Lösung, seien Sanktionen möglich, die bis zum Entzug von Stimmrechten reichen können.

Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben. Bisher hatte die Kommission Warschau nur verwarnt, nun leitete sie die nächste Stufe des Verfahrens ein.

Trotz der Gespräche seit Jahresanfang seien die Hauptaspekte, die das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gefährdeten, nicht aus der Welt geschafft worden, sagte Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch in Brüssel. Deshalb lege Brüssel nun konkrete Empfehlungen vor, "wie diese Bedenken ausgeräumt werden können, so dass das polnische Verfassungsgericht seine Aufgabe der Rechtsprechung zur Verfassung wirksam ausüben kann".

So müssten die drei Richter, die von der Vorgängerregierung im Oktober ernannt wurden, ihre Posten antreten. Zudem sollten Urteile veröffentlicht und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Gerichts nicht von einem anderen Staatsorgan abhängig seien. Die Ergebnisse der sogenannten Venedig-Kommission des Europarats vom März müssten außerdem vollständig beachtet werden.

Zudem will die Kommission die "Gewähr, dass jede Reform des Verfassungsgerichtsgesetzes im Einklang steht mit den Urteilen des Verfassungsgerichts". Und das Gericht soll prüfen dürfen, ob das von Warschau erlassene Gesetz zu seiner Reform verfassungsgemäß ist - noch "bevor es in Kraft tritt".

"Die grundlegenden Bedenken sind weiterhin nicht ausgeräumt", sagte der Vizechef der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, am Mittwoch in Brüssel. Die EU-Kommission bemängelt insbesondere Hürden für das Verfassungsgericht.

Wenn die Regierung in Warschau nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. Er sieht vor, dass bei einer "schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung" der im EU-Vertrag verankerten Werte einem Mitgliedsland in letzter Konsequenz auch die Stimmrechte entzogen werden können.

Das polnische Parlament hatte am Freitag Änderungen zur Ernennung von Richtern am Verfassungsgericht verabschiedet, welche die Reformen vom Dezember abmildern sollten. Die EU-Kommission hatte bereits durchblicken lassen, dass die neuen Maßnahmen weitere Fragen aufwerfen würden.

Die Brüsseler Behörde hatte Anfang des Jahres erstmals ein Verfahren gegen ein Mitgliedsland wegen möglicher Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit eröffnet und dabei auch auf die Reformen am Verfassungsgericht verwiesen. Am Ende des Verfahrens, das sich womöglich noch Jahre hinzieht, kann theoretisch der Entzug der polnischen Stimmrechte im EU-Rat drohen. Dafür ist allerdings die Zustimmung aller anderen EU-Staaten notwendig. Der Polen-Verbündete Ungarn hat bereits klar gemacht, dass er Sanktionen gegen Warschau nicht unterstützen würde.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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