EuGH: Bürger können gegen EU-Sparmaßnahmen klagen

Eine Frau vor einem Graffiti in Portugal: Das Land hat jahrelang Kredite aus dem Euro-Rettungsschirm erhalten.
Eine Frau vor einem Graffiti in Portugal: Das Land hat jahrelang Kredite aus dem Euro-Rettungsschirm erhalten.REUTERS
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EU-Bürger können vor Gericht von EU-Kommission und EZB Schadenersatz einfordern, wenn sie gegen Grundrechte verstoßen, entschied der Europäische Gerichtshof.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dienstag macht klar: Es ist möglich, die Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds und Europäischer Kommission auf Schadenersatz zu verklagen - insofern deren Krisenmaßnahmen nachweislich Grundrechte verletzten.

Anlass des Richterspruchs sind die Beschwerden mehrerer Kläger aus Zypern um die Bankenrettung in der Euro-Krise: Ihre Einlagen hatten bei der Umstrukturierung des zypriotischen Finanzsektors im Jahr 2013 erheblich an Wert verloren, daher waren sie gegen die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) vor Gericht gezogen. Unter anderem forderten sie Schadenersatz.

Die Kommission habe mit ihrem Vorgehen im Sinne des Gemeinwohls der EU gehandelt, entschied der EuGH am Dienstag in Luxemburg. Es sei um die Stabilität des Bankensystems im Euroraum gegangen.

Die Kommission hatte für den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM zusammen mit Zypern ein Protokoll unterzeichnet. Dies schrieb die Reformen fest, die Zypern umsetzen sollte, um Finanzhilfen zu erhalten. In Zypern waren in der Folge Einlagen ab 100.000 Euro zur Rettung des wackelnden Bankensystems herangezogen worden.

Zwar scheiterten die Kläger aus Zypern vor dem Gericht. Die Richter argumentierten aber zugleich, dass Schadenersatzforderungen gegen EU-Kommission oder EZB im Prinzip möglich wären, wenn Behörden mit ihren Entscheidungen Grundrechte verletzt hätten.

Sprich: Bürger, die in Krisenländern wie Spanien, Griechenland oder Portugal von einseitigen Sparmaßnahmen betroffen sind, können ihre Forderungen künftig vor Gericht geltend machen. Der Bremer Rechtswissenschaftler Anreas Fischer-Lescano bezeichnete das Urteil gegenüber "Spiegel Online" daher als "historisch".

>>> Zum Artikel auf "Spiegel Online".

(APA/dpa)

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