Staats- und Regierungschefs wollen belgischen Widerstand brechen.
Brüssel. Noch vorletzte Woche ist man in Brüssel davon ausgegangen, dass die am Donnerstag und Freitag in Brüssel versammelten Staats- und Regierungschefs der EU über Handelspolitik im Allgemeinen, nicht aber über Ceta im Speziellen beraten werden. Aus diesem frommen Wunsch wird leider nichts: Nachdem das wallonische Regionalparlament die Ratifizierung des Handelsabkommens mit Kanada verweigert, wird Ceta definitiv zur Chefsache. Der EU-Gipfel ist die letzte Gelegenheit, den Pakt zu fixieren – gelingt dies bis zum morgigen Freitag nicht, platzt der für Ende nächster Woche angesetzte EU/Kanada-Gipfel, bei dem Ceta feierlich unterzeichnet werden sollte.
Ob dies gelingt, ist fraglich. Der wallonische Premier, Paul Magnette, hat nämlich bereits per Kurznachrichtendienst Twitter kundgetan, dass „der demokratische Prozess“ im französischsprachigen Teil Belgiens mit der Zeitvorgabe inkompatibel sei. Nichtsdestotrotz wird in Brüssel fieberhaft daran gearbeitet, die Wallonen zufriedenzustellen – wobei nicht klar ist, was der frankofone Teil Belgiens außer der geforderten (und von allen Beteiligten bereits kategorisch ausgeschlossenen) Neuverhandlung des gesamten Abkommens überhaupt will. Aus der Sicht der EU-Kommission ist die Sache klar: „Wir müssen Ceta durchbekommen“, sagte Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen am Mittwoch.
Druck auf Österreich „war groß“
„Ein zweites Mal machen wir das so sicher nicht mit“, erklärte Bundeskanzler Christian Kern am Mittwoch zu seiner letztlich positiven Entscheidung zu Ceta im EU-Hauptausschuss des Nationalrats. Der Druck auf Österreich sei groß gewesen. Kern sprach auch von möglichen Konsequenzen, wäre die Glaubwürdigkeit der EU beschädigt worden. Als Beispiel nannte er das gemeinsame europäische Vorgehen gegen Stahldumping. (la/ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2016)