Ceta: "Nichts ist einfach in Belgien"

Belgien unterzeichnet feierlich Ceta
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Belgien hat den Handelspakt unterzeichnet. Am Sonntag folgt der EU-Kanada-Gipfel in Brüssel. Der Gewerkschaftsbund bleibt bei seinem Nein.

Belgien hat nach tagelangen internen Verhandlungen den europäisch-kanadischen Handelspakt Ceta feierlich unterzeichnet. Außenminister Didier Reynders setzte am Samstag in Brüssel seine Unterschrift unter das Abkommen. "Nichts ist einfach in Belgien, aber wenige Dinge sind unmöglich", twitterte er danach.

Mit dabei waren EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, der europäische Chefunterhändler Mauro Petriccione, Kanadas Botschafter in Belgien, Olivier Nicoloff, und der Präsident der belgisch-französischen Handelskammer, Jean-Pierre Tanghe.

Unterzeichnung Sonntag in Brüssel

Ceta soll nach siebenjährigen Verhandlungen am Sonntag bei einem EU-Kanada-Gipfel in Brüssel von beiden Seiten unterzeichnet werden. "Großartig, ich freue mich darauf", schrieb der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau auf Twitter. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte: "Mission erfüllt!"

Ein Sprecher des Rates ergänzte, der Vertrag werde am Sonntagmittag (13 Uhr) in Brüssel unterzeichnet. Ursprünglich war die Zeremonie für Donnerstag geplant. Allerdings hatte die belgische Region Wallonien Bedenken geltend gemacht, die in den darauffolgenden Stunden vorerst ausgeräumt werden konnten. Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette sagte, die Ergänzungen zum Vertrag machten das Abkommen gerechter. Er stehe nun dahinter.

Die EU und Kanada hatten seit 2009 über den Abbau von Zöllen und die Vereinheitlichung von Standards verhandelt und die Gespräche erfolgreich abgeschlossen. Beide Seiten erhoffen sich davon mehr Wachstum und Arbeitsplätze. Kritiker sehen Sozialstandards in Gefahr und befürchten, Großkonzerne könnten zu viel Macht erhalten. Selbst nach der Unterzeichnung des Abkommens muss das Vertragswerk noch von den Parlamenten der Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Dabei könnte es zu neuen Konflikten zwischen Gegnern und Befürwortern kommen.

Mitterlehner hofft auf sachlichere Debatte

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich erfreut über die Einigung. Diese eröffne die Chance, zu beweisen, dass von dem Abkommen beide Seiten profitieren, sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Gleichzeitig räumte er ein, dass das weitere Prozedere - "angesichts des bisherigen Werdeganges" - nicht ohne Probleme ablaufen werde. Er rechne aber nun - zumindest auf Ebene des EU-Parlaments - mit einer Beschlussfassung.

Während der dann in Kraft tretenden "vorläufigen Anwendung" des Abkommens werden die Emotionen zurückgehen, so die Hoffnung des Vizekanzlers. Denn dann würden die Vorurteile und Vorbehalte nicht bestätigt werden. "Man wird in ein, zwei Jahren oder wenn immer das auf Ebene der einzelnen Parlamente kommt, das etwas anders sehen als heute", zeigte sich Mittelehner auch optimistisch, was die noch anstehende Ratifizierung durch die nationalen Parlament anbelangt.

Auch bei der Gewerkschaft hofft Mitterlehner auf einen Meinungsumschwung: "Ich hoffe, dass auch in den nächsten Wochen und Monaten durch die vorläufige Anwendung die eine oder andere Aufregung vielleicht zurückgehen könnte."

Foglar: "Ergebnis reicht nicht aus"

Die heimische Gewerkschaft bleibt aber vorerst bei ihrem Nein. Es stimme ihn zwar positiv, dass die Kritik "doch irgendwo gehört wird", sagte ÖGB-Chef Erich Foglar zu den erzielten Verhandlungsergebnissen, man sehe Bewegung. Doch das Ergebnis reiche nicht aus. Daher sei man "natürlich" beim Nein geblieben, sagte er im "Mittagsjournal".

Der ÖGB habe nie gesagt, Ceta solle nicht kommen, sondern Nachbesserungen verlangt, betonte der Gewerkschafts-Chef. Gefragt, ob die Gewerkschafter im Nationalrat dem Abkommen zustimmen werden, sagte Foglar: "Das werden sie selbst entscheiden" - und zwar dann, wenn es als Entscheidungsgrundlage vorliegt.

Malmström: "Ceta ist nicht tot"

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sieht nach der Zustimmung aller EU-Staaten zum Freihandelsabkommen mit Kanada Chancen für den TTIP-Vertrag mit den USA. "TTIP ist nicht tot, aber es gibt auch noch keine Einigung", sagte Malmström am Samstag. Die US-Präsidentenwahl sorge naturgemäß für eine Pause. Die Gespräche würden aber mit der neuen Regierung in Washington wieder aufgenommen.

Der Ministerpräsident der belgischen Region Wallonien, Paul Magnette, hatte am Freitag gesagt, TTIP sei "tot und begraben". Wallonien hatte sich zunächst gegen die Unterzeichnung von Ceta gewehrt. Die Bedenken konnten jedoch ausgeräumt werden. Magnette sagte, die Ergänzungen zum Vertrag machten das Abkommen gerechter. Er stehe nun dahinter. Ceta soll am Sonntag unterzeichnet werden. Kritiker sehen sowohl bei Ceta als auch bei TTIP Sozialstandards in Gefahr und befürchten, Großkonzerne könnten zu viel Macht erhalten. Befürworter hoffen dagegen auf mehr Wirtschaftswachstum und die Schaffung vieler Arbeitsplätze.

(APA/dpa)

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