Irland hat dem EU-Vertrag von Lissabon zugestimmt. Das offizielle vorläufige Endergebnis: Über zwei Drittel stimmten für "Ja", die Wahlbeteiligung lag bei 58 Prozent. Der Wahlausgang zeichnete sich bereits den ganzen Tag ab.
Irland hat dem EU-Vertrag von Lissabon zugestimmt. Nach dem vom TV-Sender RTE veröffentlichten Endergebnis votierten 67,1 Prozent für und 32,9 Prozent der Iren gegen das EU-Reformwerk. Die Wahlbeteiligung lag bei 58 Prozent. Damit ist eine Krise der EU abgewendet.
Ministerpräsident Brian Cowen erklärte bereits am Nachmittag formell den Sieg für das Lager der Befürworter.
Vertragsgegener resignierten früh
Der irische Außenminister Micheal Martin verkündete im Radio, dass er sich "für das Land freue". Der bekannte irische EU-Kritiker Declan Ganley hat den Unterstützern des EU-Reformvertrages bereits gegen Mittag den Sieg zugestanden. "Das ist ein überzeugender Sieg", sagte Ganley am Samstag bei einer Pressekonferenz im Wahlzentrum in Dublin. "Natürlich bin ich enttäuscht, ich glaube, wir haben einen Fehler gemacht", ergänzte der Vorsitzende der EU-skeptischen Partei Libertas.
Wahlbeteiligung bei EU-Freunden höher
Die Stimmlokale schlossen am Freitag um 22.00 Uhr Ortszeit (23.00 Uhr MESZ). Bei der Stimmbeteiligung zeigte sich am Abend ein bemerkenswertes Stadt-Land-Gefälle. Während die Beteiligung in den als europaskeptisch geltenden ländlichen Gebieten unter dem Wert des Vorjahres blieb, gingen in der tendenziell europafreundlicheren Hauptstadt Dublin mehr Menschen zu den Urnen. Einem Bericht der Tageszeitung "Irish Times" (Internetausgabe) zufolge gaben in Dublin bis 19.00 Uhr Ortszeit 44 Prozent der Stimmberechtigten ihr Votum ab, aus anderen Landesteilen wurde dagegen von Werten zwischen zehn und 20 Prozent am Nachmittag berichtet. Die gesamte Wahlbeteiligung lag bei 58 Prozent.
Drei Millionen entschieden über 500 Mio
Insgesamt waren drei Millionen Iren stimmberechtigt. Irland ist das einzige der 27 EU-Staaten, das eine Volksabstimmung über den Reformvertrag abhält. Die irische Verfassung schreibt Referenden über jede EU-Vertragsänderung vor. Damit entschieden drei Millionen Iren über das Schicksal von 500 Millionen Europäern.
Am 12. Juni 2008 hatten die Iren den Reformvertrag mit 53,4 Prozent der Stimmen abgelehnt und die EU damit in eine schwere Krise gestürzt. Die irische Regierung hatte sich daraufhin Garantien der EU-Partner in den Fragen Steuerhoheit, Abtreibungsverbot und Vertretung in der EU-Kommission gesichert, um ihre Landsleute in einem neuen Referendum für ein Ja zum Lissabon-Vertrag zu gewinnen.
Schicksalstag für Europa
Ministerpräsident Brian Cowen zeigte sich bei seiner Stimmabgabe am Freitagvormittag vorsichtig optimistisch. Es sei ein wichtiger Tag in der Geschichte des Landes und er sei "hoffnungsvoll, dass es ein gutes Ergebnis wird" - er sollte Recht behalten. Auch andere Befürworter machten bis zuletzt Druck. Es sei ein "sehr entscheidender Tag für Europa", sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Günther Verheugen, dem Südwestrundfunk.
Auch die Gegner machten weiter mobil - obwohl Wahlkampf am Tag des Referendums eigentlich untersagt ist. In Dublin fuhren Lautsprecherwagen durch die Stadt und riefen lautstark zum Nein auf. An Infoständen wurden Flugblätter verteilt. Die Wählerin Elaine Ryan, die mit Nein gestimmt hatte, sagte, sie fühle sich durch die Ja-Kampagne von der Regierung "gegängelt". "Ein Nein ist ein Nein."
Krise bringt Iren Europa näher
Schon vergangenes Jahr standen die Zeichen vor dem Referendum auf Ja. Experten gingen zudem davon aus, dass viele Iren ihrer ungeliebte Regierung mit dem Referendum einen Denkzettel verpassen wollten. "Der Ärger ist sehr, sehr groß", sagte John O'Brennan von der Universität NUI Maynooth. Allerdings hat die Finanzkrise Irland besonders hart getroffen, und viele Iren befürchten eine Verschärfung der Wirtschaftskrise bei einem Abrücken vom europäischen Integrationsprozess. Alle großen Parteien, Wirtschaftsverbände sowie Prominente hatten deshalb für ein Ja getrommelt. Bei einem Nein würden Investoren fernbleiben und Arbeitsplätze vernichtet, hieß es. Die Lissabon-Gegner sahen darin eine Angst-Kampagne und warnten vor einem europäischen Superstaat.
(Red/Ag.)