Die SPÖ lehnt den ÖVP-Wunschkandidaten Molterer ab. Ferrero-Waldner mache einen guten Job, außerdem bevorzuge der Kommissionspräsident eine Frau. Auf EU-Ebene wird der Ton schärfer.
Im Koalitionsstreit um den EU-Kommissar beharrt die SPÖ weiter auf den Verbleib der jetzigen Kommissarin Benita Ferrero-Waldner. Sie habe bisher einen guten Job gemacht und entspräche auch dem Wunsch von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso nach Entsendung einer Frau, hieß es von Seiten der SP-Regierungsmitglieder am Dienstag. Die ÖVP wollte sich nicht klar festlegen.
Bundeskanzler Werner Faymann sagte, er könne sich nicht vorstellen, was die ÖVP gegen eine EU-Kommissarin haben könnte, die sie selbst als Präsidentschaftskandidatin und als Bewerberin für den Unesco-Chefposten aufgestellt habe. Die Entsendung einer Frau würde außerdem Österreichs Position bei der Ressortaufteilung stärken, so der Kanzler. Sollte sich die ÖVP auf Vizekanzler Josef Prölls Wunschkandidaten Wilhelm Molterer versteifen, werde er "gute Argumente für Ferrero-Waldner" vorbringen.
ÖVP legt sich nicht klar fest
ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn meinte, das sei eine Sache zwischen Faymann und Pröll. Er persönlich habe keine Präferenzen. VP-Außenminister Michael Spindelegger hält nach Eigenangaben viel von Ferrero-Waldner. Sie sei aber genauso gut wie viele andere auch. Er würde eine baldige Entscheidung begrüßen.
Auch VP-Vizekanzler Josef Pröll hat sich gegen eine Festlegung auf einen Kandidaten ausgesprochen. "Benita Ferrero-Waldner ist eine davon. Sie hat gute Arbeit in Brüssel geleistet", sagte Pröll am Rande des EU-Finanzministerrates in Luxemburg. Es gebe indes "eine Reihe anderer". Als einen nannte Pröll Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer. Pröll kritisierte Kanzler Faymann indirekt für dessen öffentlich gemachte Präferenz für Ferrero-Waldner.
Leichtfried: "Kommission könnte scheitern"
Auf EU-Ebene wird die Diskussion zunehmend schärfer. Der Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Jörg Leichtfried, erklärte am Dienstag in Straßburg, die "gesamte Kommission könnte an Molterer scheitern". Die vier SP-Europaabgeordneten würden jedenfalls gegen Molterer votieren. Und man könne bei der Abstimmung im EU-Parlament nicht einen einzelnen Kommissar, sondern nur die gesamte Kommission ablehnen.
Die VP-Europaabgeordneten geben sich gelassen. Der Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament, Ernst Strasser, sprach von einer "seltsamen Vorgangsweise" der SPÖ. Die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek kritisierte beide Koalitionsparteien für das "böse Spiel". Europa werde "missbraucht, um den Koalitionspartner zu ärgern, das ist letztklassig".
Barroso will "beachtliche Anzahl" Frauen
Während Molterer als potenzieller Anwärter auf den Posten des EU-Agrarkommissars gilt, wurden Ferrero in Brüssel zuletzt auch Chancen in Bereichen abseits der Außenpolitik eingeräumt, etwa für die Portfolios Klimaschutz, Energie oder Forschung. Barroso hatte zuletzt erklärt, er wolle eine EU-Kommission haben, "in der es eine Balance zwischen Frauen und Männern gibt. Ich will eine beachtliche Anzahl an Frauen in der Kommission", sagte er.
(APA)