Justizreform: EU-Schelte für Rumänien und Bulgarien

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Drei Jahre nach EU-Beitritt fehlt noch immer der Wille, prominente Wirtschaftsverbrecher zu verfolgen. Erschwert wird die Modernisierung der beiden Staatswesen durch einen Mangel an fachlich geeignetem Personal.

BRÜSSEL (go). Bulgarien und Rumänien haben im vergangenen Jahr zwar allerlei Justizreformen im Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen angekündigt, konkrete Handlungen sind aber weiterhin Mangelware, kritisiert die Europäische Kommission in zwei am Dienstag vorgestellten Berichten.

„Die bereits laufenden Strafprozesse in Fällen von organisierter Kriminalität haben seit Mitte 2009 wenig Fortschritte gemacht, und Verurteilungen gab es in diesem Zeitraum gar nicht“, hält die Kommission bezüglich Bulgarien fest. Ähnlich ernüchternd fällt das Urteil über Rumänien aus. „Die Rechtsprechung in Fällen von Korruption in gehobenen Positionen ist nach wie vor uneinheitlich und entfaltet keine abschreckende Wirkung. Korruptionsverfahren gegen hochrangige Personen gehen nach wie vor nur schleppend voran.“

Kein finanzielles Druckmittel

Als die beiden Staaten zu Beginn 2007 der Union beitraten, waren ihre Justizsysteme noch nicht EU-reif. Der politische Druck, vor allem aus Paris, die beiden Länder beitreten zu lassen, war aber zu groß, um den Prozess weiter zu verzögern. Um die verschleppten Justizreformen im Nachhinein zu fördern, verfasst die Kommission zweimal pro Jahr Berichte wie den vorliegenden.

Allerdings hat die EU-Behörde dafür kein finanzielles Druckmittel. „Es gibt keine direkte Verbindung zwischen diesem Mechanismus und den EU-Fonds“, sagte Mark Gray, ein Sprecher von Kommissionspräsident José Manuel Barroso, am Dienstag bei der Vorstellung der beiden Berichte. Indirekt können Bulgarien und Rumänien sehr wohl um Förderungen umfallen, wenn sie Gerichte und Verwaltung nicht modernisieren, fügte er hinzu. So sei zum Beispiel die Auszahlung von EU-Geld bei elf von 25 Umweltprojekten in Bulgarien unterbrochen, weil es „Unregelmäßigkeiten bei öffentlichen Ausschreibungen gibt.“ In Rumänien seien derzeit keine EU-Mittel eingefroren.

Frage nach Nutzen der Berichte

Erschwert wird die Modernisierung der beiden postkommunistischen Staatswesen durch einen Mangel an fachlich geeignetem Personal. „2009 hat sich die Zahl der Richter, die in den Ruhestand getreten sind, verdoppelt, sodass trotz der gestiegenen Zahl der Neueinstellungen die Personaldecke insgesamt deutlich geschrumpft ist“, heißt es im rumänischen Bericht. Der notwendige Austausch der alten, noch unter Diktator Nicolae Ceauşescu ausgebildeten Juristen durch junge Rechtsgelehrte wird auch dadurch erschwert, dass der Staat nicht mit den Gehältern mitbieten kann, die westliche Anwaltskanzleien zahlen.

Trotz des Stillstands seien die Berichte der Kommission nützlich, sagte Gray. „Dadurch haben wir eine offene Diskussion in den beiden Staaten. Die Kommission ist nicht für die Reformen zuständig. Das sind Verpflichtungen, die beim Beitritt eingegangen wurden. Die beiden Staaten wissen, was zu tun ist. Jetzt muss es getan werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2010)

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