Österreicher wollen nicht im Ausland leben

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oesterreicher wollen nicht Ausland(c) APA (VIOREL MUNTEANU)
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Von allen EU-Bürgern sind es die Österreicher, die derzeit die geringsten Ambitionen haben, künftig ihr Land langzeitig zu verlassen. Für die meisten Österreicher war ein Auslandsjob noch nie ein Thema.

Brüssel/WIEN. Theoretisch ist der EU-Binnenmarkt zu einem freien Raum geworden, in dem Menschen überall leben und arbeiten können, wo sie möchten. Praktisch nehmen aber relativ wenige EU-Bürger diese Möglichkeit wahr. Sie verbringen ihr Leben lieber an ein und demselben Ort, an dem sie auch geboren wurden. Und von allen EU-Bürgern sind es die Österreich, die derzeit die geringsten Ambitionen haben, künftig ihr Land vorübergehend oder für immer zu verlassen.

Gerade acht Prozent der Österreicher haben laut einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage die Absicht, irgendwann in einem anderen EU-Staat zu arbeiten. Damit ist das Land Schlusslicht in der Union. In Dänemark können sich 51 Prozent, in Finnland 35 Prozent und in Deutschland immerhin noch 11 Prozent vorstellen, dass sie in einem anderen Land einen Job annehmen.

Junge, hochqualifizierte Österreicher sind die Einzigen, die sich nicht diesem Mainstream anschließen. Sie zieht es ins Ausland, wo sie berufliche Erfahrung machen wollen. 5000 von ihnen bleiben Jahr für Jahr ihrer Heimat für immer fern. Experten warnen deshalb bereits vor einem Braindrain.

Für das Gros der Österreicher ist ein Auslandsjob noch nie ein Thema gewesen. Lediglich acht Prozent haben in der Vergangenheit bereits in einem anderen Land gelebt oder gearbeitet. Weitere drei Prozent haben zwar in einem anderen Land gelebt, dort aber nicht gearbeitet. Der EU-Schnitt liegt mit zehn Prozent bei jenen, die bereits in einem anderen Land gelebt und gearbeitet haben und weiteren drei Prozent, die zwar im Ausland gelebt, nicht aber dort gearbeitet haben, klar höher. Am mobilsten sind übrigens die Luxemburger (24 und 13 Prozent).

Deutsche deutlich positiver

Dementsprechend negativ ist auch die Einstellung der Österreicher zur Mobilität. Nicht einmal jeder zweite Österreicher (44 Prozent) hält es für eine „gute Sache“, wenn Leute zwischen Regionen und Ländern innerhalb der EU umziehen. In Schweden bewerten 78 Prozent die Mobilität für eine „gute Sache“, in Deutschland 64 Prozent.

Die Öffnung der Grenzen für Arbeitnehmer sollte innerhalb der EU dazu beitragen, dass sich Bürger dort einen Arbeitsplatz suchen, wo sie bessere Chancen vorfinden. Doch eine Mehrheit der Österreicher (59 Prozent) wäre nicht einmal dann zum Umzug bereit, wenn sie daheim arbeitslos wären und dringend eine Beschäftigung benötigten. Gerade einmal 37 Prozent würden in diesem Falle jenseits der eigenen Staatsgrenzen einen Job suchen. In Schweden und Frankreich liegt die Bereitschaft bei 66 Prozent. Nur knapp jeder Dritte würde in diesen Ländern dennoch daheim bleiben.

Warum lehnen die Österreicher prinzipiell einen Umzug ab? Laut der Eurobarometer-Umfrage ist es vor allem ihr ausgeprägtes „Heimat“-Gefühl. 41 Prozent gaben an, dass sie nicht wegziehen wollen, weil „hier ihre Heimat ist“. 27 Prozent wollen nicht ihre Familie und Kinder verlassen, weitere 26 nicht ihre Freunde. Für jeden vierten Befragten ist das erworbene Eigenheim ein Grund, im Land zu bleiben. 19 Prozent nennen die andere Sprache als Grund.

Wunschziel USA

Im EU-Vergleich liegen die Prioritäten ähnlich. 39 Prozent aller befragten EU-Bürger nannten das „Heimat“-Gefühl als Grund, warum sie nicht ins Ausland gehen wollen. 27 Prozent hängen an ihrer Familie und 16 Prozent an ihrem Eigenheim.

17 Prozent aller EU-Bürger würden gerne in der Zukunft im Ausland arbeiten. Die meisten von ihnen zieht es in die USA (21%). Dahinter rangieren Großbritannien (16%) und Australien (15%). Beliebt sind auch Spanien (15%) und Deutschland (12%). Österreich ist für andere EU-Bürger eher ein unbeliebtes Zielland (5%). Eine Ausnahme bilden aber die Bürger der Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa. Von ihnen zieht es elf Prozent nach Österreich. Nur Großbritannien (21%) und Deutschland (26%) sind für sie beliebtere Destinationen.

Eurobarometer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2010)

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