Höhere Maut für Lärm und Rauch

Hoehere Maut fuer Laerm
Hoehere Maut fuer Laerm(c) AP (Thomas Kienzle)
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Die EU-Staaten einigten sich auf einen Kompromiss zur „Wegekostenrichtlinie“. Der Lastverkehr wird um drei bis vier Cent/km teurer. Frächter müssen künftig die Folgekosten von Umweltschäden übernehmen.

[Luxemburg/WIEN]Die bereits hohe Lkw-Maut in Österreich wird weiter steigen. Die EU-Verkehrsminister gaben am Freitag grünes Licht für eine Reform der „Wegekostenrichtlinie“, die den Lastverkehr insgesamt um drei bis vier Cent pro Kilometer verteuern wird. Das entspricht in Österreich einer Anhebung um 10 Prozent. Denn erstmals dürfen auch Folgekosten des Güterverkehrs durch Lärm und Schadstoffe in die Maut eingerechnet werden.

Gleichzeitig werden für die EU-Mitgliedstaaten mehr Möglichkeiten geschaffen, den Schwerverkehr zu steuern. Es gibt erlaubte Aufschläge bei Spitzenbelastungen für Straßen und Abzüge bei geringer Belastung. Frächter, die in der Hauptverkehrszeit ihre Lkw auf die Straße schicken, werden also bis zu 175 Prozent mehr zahlen. Jene, die in weniger frequentierten Zeiten und auf untergenutzten Strecken unterwegs sind, erhalten eine deutliche Reduzierung.

Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) zeigte sich großteils zufrieden: „Die Möglichkeit der Anlastung der Kosten für Luftverschmutzung und Lärm an die Lkw-Maut führt zu mehr Kostenwahrheit im Straßenverkehr.“ Obwohl sich Österreich noch höhere Aufschläge gewünscht hätte, sieht Bures eine wichtige „Systemänderung“.

Keine Aufschläge am Brenner

Die Richtlinie muss nun vom Europaparlament abgesegnet werden. Die EU-Abgeordneten hatten weit höhere Aufschläge gefordert. Österreichische Abgeordnete sehen aber wenig Chancen, eine erhebliche Änderung durchzusetzen. Jörg Leichtfried (SPÖ) betonte gegenüber der „Presse“, dass er derzeit „keine Mehrheit“ für eine Verschärfung sehe.

Ein Wermutstropfen für Österreich ist die verhinderte Verteuerung der Brenner-Strecke. Gerade auf der sensibelsten Transitroute wird die neue „Wegekostenrichtlinie“ keine wesentliche Änderung bringen. Denn die Mitgliedstaaten dürfen zwar neue Aufschläge auf allen Strecken verrechnen. Doch sie dürfen diese nicht zu bereits bestehenden Aufschlägen wie etwa am Brenner addieren. Laut Verkehrsministerium ist es am Brenner lediglich möglich, die Maut für sehr alte Lkw zu erhöhen, denn deren Aufschlag für Lärm und Schadstoffe ist höher als jener, den sie schon derzeit für die sensible Alpenregion bezahlen.

Derzeit verlangt Österreich auf normalen Strecken je nach Bauart des Lkw zwischen 14,40 und 36,96 Cent pro Kilometer (ohne Umsatzsteuer). Eine Fahrt über den Brenner (35 km) kostet zwischen 21,94 und 112,48 Euro. Sonderaufschläge gibt es etwa auch auf der Pyhrn- oder Arlbergstrecke.

Knappe Einigung

Die Einigung über die Reform der Wegekostenrichtlinie war denkbar knapp. Einigen Mitgliedstaaten gingen die Vorschläge der EU-Kommission für die Mauterhöhung zu weit. Widerstand kam insbesondere von Italien und Spanien. Auch Portugal, die Niederlande und Irland traten gegen eine Verteuerung auf. Da in Verkehrsfragen eine qualitative Mehrheit im EU-Rat ausreicht, ging die Richtlinie aber dennoch durch. Um eine Einigung zu erreichen, wurden Ausnahmeregelungen für besonders schadstoffarme Lkw der neuesten Bauart (Euro-Klasse 5 und 6) geschaffen. Sie müssen bis 2013 bzw. 2017 vorerst keine Aufschläge zahlen.

Die höhere Maut gilt generell für Lkw ab 12 Tonnen. Sie kann aber von Mitgliedstaaten auch bereits ab 3,5 Tonnen eingeführt werden. Österreich wird diese Option nutzen.

Kritik an der Einigung kommt von den Grünen. Eva Lichtenberger, verkehrspolitischen Sprecherin der Grünen im Europaparlament, geht der Kompromiss nicht weit genug: „Unfallkosten und die Folgen für den Klimawandel bleiben unberücksichtigt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2010)

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