Orbán: "EU braucht Ungarns Führung"

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Begleitet von Kritik trat Ungarn die Ratspräsidentschaft der EU an. Premier Orbán glaubt, dass der Vorsitz eine Chance für die EU sei. In der OSZE muss Litauen eine Vielzahl unerledigter Baustellen übernehmen.

Wien/Ag./Red. Begleitet von internationaler Kritik am neuen Mediengesetz, aber auch an den von der rechtskonservativen Regierung in Budapest ausländischen Firmen auferlegten Sondersteuern, hat Ungarn zum Jahreswechsel für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft angetreten.

Während Staatspräsident Pal Schmitt die EU-Präsidentschaft als „enorme Chance“ für Ungarn sieht, glaubt Ministerpräsident Viktor Orbán vielmehr, dass der ungarische Ratsvorsitz eine Chance für die EU sei: „Die Ungarn sind ein erprobtes und bewährtes Volk, das viele Krisen meistern konnte. Deshalb kann ich sagen, dass es eine gute Sache für Europa ist, in diesen Zeiten einen ungarischen Vorsitz zu haben“, erklärte Orbán in einem Interview.

Die heftige internationale Kritik am neuen, zum Jahreswechsel in Kraft getretenen restriktiven Mediengesetz bezeichnete die ungarische Regierungssprecherin Anna Nagy als „Missverständnis“. Die ausländischen Kritiker hätten bisher aufgrund unvollständiger Informationen über das Gesetz geurteilt, bis jetzt liege noch gar keine englische Übersetzung des Gesetzestextes vor.

Freilich ist die neue ungarische Medienbehörde NMHH, die unter Kontrolle der Regierungspartei „Fidesz“ steht, nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Jänner sofort aktiv geworden. Sie leitete ein Verfahren gegen den Budapester Privatsender „Tilos Radio“ ein, weil er den angeblich jugendgefährdenden Song „It's on“ des amerikanischen Rappers ICE-T gespielt hatte. Ob und wie der private Sender bestraft wird, war zunächst unklar.

Nach dem neuen Mediengesetz drohen Fernseh- und Rundfunksendern, Printerzeugnissen und Internetportalen drakonische Strafen von bis zu 720.000 Euro, wenn sie gegen Vorschriften verstoßen. Zu ihnen gehört auch die Pflicht zu einer „politisch ausgewogenen“ Berichterstattung.

Minsk setzt OSZE vor die Tür

In der in Wien ansässigen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat am 1. Jänner für ein Jahr Litauen den Vorsitz übernommen. Das letztjährige Vorsitzland Kasachstan hat den Litauern vor allem Baustellen hinterlassen und trotz riesigem propagandistischen Aufwand kaum etwas weitergebracht.

Ein Land wird den EU-Vorsitz in diesem Jahr besonders beschäftigen: Weißrussland. In der Neujahrsnacht ordnete das Regime von Langzeitdiktator Alexander Lukaschenko die Schließung des OSZE-Büros in Minsk an. Grund: Beobachter der OSZE hatten den Ablauf der Präsidentenwahl vom 19.Dezember massiv kritisiert und Weißrussland ein gravierendes Demokratiedefizit attestiert. Jetzt folgte die Rache des damals angeblich mit rund 80Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigten Lukaschenko. „Die Botschaft ist klar: Weißrussland hat sich für die nordkoreanische Linie zum Machterhalt entschieden“, kommentierte ein OSZE-Diplomat.

Der neue OSZE-Ratsvorsitzende, Litauens Außenminister Audronius Azubalis, forderte die Regierung in Minsk auf, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Das OSZE-Büro habe wertvolle Dienste geleistet und „sein Mandant ist keineswegs erfüllt“. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle erklärte, mit ihrem autoritären Kurs führe die Regierung in Minsk das Land immer weiter weg von den freiheitlich-europäischen Werten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 3. Jänner 2011)

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