Experte: Ungarns Mediengesetz bleibt EU-Sonderfall

Experte: Ungarns Mediengesetz bleibt EU-Sonderfall
Experte: Ungarns Mediengesetz bleibt EU-SonderfallSymbolbild: Protest ungarischer linker Zeitungen (c) AP (Bela Szandelszky)
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Der Vergleich mit Regelungen anderer Mitgliedsstaaten sei verfehlt, sagt der deutsche Europarechtler Markus Kotzur.

Die ungarische Regierung vergleicht ihr umstrittenes Mediengesetz nach Ansicht des Leipziger Europarechtlers Markus Kotzur zu Unrecht mit deutschen Regelungen. "Das ist eine pauschale Aussage und so nicht zutreffend", sagte Kotzur zu Äußerungen von Ministerpräsident Viktor Orbán, das Mediengesetz gleiche prinzipiell Bestimmungen in anderen EU-Ländern wie Deutschland.

Anders als in Deutschland ermögliche das Gesetz in Ungarn eine weitgehende Kontrolle nicht nur von Tatsachenbehauptungen, sondern auch Meinungen, sagte der Direktor des Europarechts-Instituts der Universität Leipzig in einem am Freitag veröffentlichten Reuters-Interview. "Bei uns gibt es eine größere Freiheit der politischen Richtungen", sagte der deutsche Experte. "Das Gefährliche ist die politische Richtungskontrolle", warnte Kotzur mit Blick auf das ungarische Mediengesetz.

Kotzur: "Grenzbereiche hinnehmen"

Ungarns Regierung argumentiert, die bisherige Gesetzgebung hätte Boulevard-Blättern und TV-Sendern zu viel freie Hand gelassen. "Eine freiheitlich-pluralistische Demokratie muss Grenzbereiche hinnehmen", sagte Kotzur. "Ein zu strenger Kontrollmaßstab ist zwingend zu verhindern." In Ungarn sehe er die Gefahr für einen zu frühen Eingriff der Behörden.

Es bestehe Zensur-Gefahr, wenn Kontrollgremien nicht wie in Deutschland pluralistisch mit Interessengruppen und Parteien zusammengesetzt seien, sondern nur noch eine politische Richtung repräsentiert werde, sagte Kotzur. In Ungarn dominiert die rechtsnationale Regierungspartei Fidesz die neue Medienbehörde NMHH. Sie kontrolliert neben den staatlichen Medien auch private Fernseh-und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale.

"Risiken für Unternehmen groß"

Einen bedeutenden Unterschied sieht der Experte auch in den finanziellen Gefahren, die Medien bei einem Verstoß gegen die Landesgesetze drohen. "In Ungarn sind die Risiken für Unternehmen groß, kritisch zu berichten." Die Regierung wahre hier keine die Verhältnismäßigkeit mehr. "Da überlegt sich jedes Medienunternehmen dreimal, ob es kritisch berichtet", sagte Kotzur.

Ungarn hat seit Jahresbeginn die EU-Ratspräsidentschaft inne und steht so unter besonderer Beobachtung. Neben der scharfen Kritik mehrerer europäischer Länder hat die EU-Kommission Zweifel daran geäußert, ob das neue Gesetz mit europäischem Recht vereinbar ist. Geprüft werden soll, ob Richtlinien und die in der EU-Grundrechtecharta verankerte Medienfreiheit eingehalten werden.

(Ag.)

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