Bulgarien/Rumänien: Konflikt um verschobene Grenzöffnung

Konflikt verschobene Grenzoeffnung
Konflikt verschobene Grenzoeffnung(c) AP (VADIM GHIRDA)
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Bulgarien und Rumänien weisen sich gegenseitig die Schuld an der von Paris und Berlin forcierten Verschiebung der Teilnahme am Schengen-Raum zu.

Sofia. Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt man. Bulgarien und Rumänien wollen von diesem Grundsatz aber nichts wissen. Rivalität statt Wettbewerb prägte bereits den Weg zum EU-Beitritt 2007 und auch die halbjährlichen EU-Evaluationsberichte zu ihren jeweiligen Fortschritten im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Derzeit schieben sich beide Länder gegenseitig die Verantwortung für die Verschiebung der Grenzöffnung zu.

„Deutschland hat der Verschiebung des Schengen-Beitritts von Rumänien und Bulgarien zugestimmt wegen einiger technischer Versäumnisse der bulgarischen Seite“, behauptete Rumäniens Außenminister Teodor Baconschi Anfang der Woche in einem Interview mit der rumänischen Zeitung „Adeverul“. Dagegen hatte Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissov bereits Anfang Dezember im Rahmen einer Parlamentsdebatte gesagt, was die Erfüllung der Kriterien für Schengen betreffe, sei „Bulgarien viel besser als Rumänien“.

So unterschiedlich wie ihre Einschätzungen der Situation ist auch die Reaktion der beiden Regierungen auf die vor allem von Deutschland und Frankreich vertretene Forderung, den Beitritt der beiden Donau-Anrainerstaaten zu verschieben, bis Fortschritte in der Korruptions- und Kriminalitätsbekämpfung unumkehrbar seien. Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissov zeigte sich einsichtig, den von Paris und Berlin angeführten Argumenten stimmte er zu und versprach, Bulgarien werde die Zeit bis zum nächsten EU-Bericht nutzen, um Mängel zu beseitigen. Auch wolle er die regelmäßige Evaluation der Fortschritte des Landes im Bereich Inneres beibehalten, weil sie ein wichtiges Stimulans für Reformen sei.

Dagegen gab sich Rumäniens Außenminister Teodor Baconschi kämpferisch. Er witterte Diskriminierung und warf Deutschland und Frankreich vor, eigenmächtig die Spielregeln zu verändern. Rumänien, so drohte er, könne sich aus der mit der EU-Kommission vereinbarten regelmäßigen Evaluation verabschieden oder aber auf der Einführung solcher Kontrollmaßnahmen auch für das EU-Beitrittsland Kroatien bestehen. Rumänische Abgeordnete deuteten sogar an, sie könnten die Ratifizierung des veränderten Lissaboner Vertrages verzögern.

Zunächst war es der Sprecher der EU-Kommission, Mark Gray, der Außenminister Baconschi darauf hinwies, es liege nicht in der Kompetenz Rumäniens, den Evaluierungsprozess zu beenden. Am Mittwoch wurde der Minister dann auch von Rumäniens Staatspräsident Trajan Basescu in die Schranken gewiesen. Am Donnerstag bot Baconschi seinen Rücktritt an. Er werde zurücktreten, wenn ihm nun die Schuld für das Schengen-Debakel gegeben werde, sagte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2011)

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