Erweiterung: Orbán warnt vor Schaden

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EU-Ratsvorsitzender hält Verquickung mit Serbiens Beitrittsverhandlungen für „gefährlich“. Zagreb bemüht sich um Reformen in letzter Minute und startet eine außenpolitische Image-Initiative.

Brüssel/Go/Apa. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán warnte am Donnerstag in Brüssel davor, dass die in den meisten EU-Staaten verbreitete Ablehnung der Aufnahme neuer Mitglieder den Europäern langfristig schadet. „Europa würde heute viel schlechter dastehen, wenn es die mittel- und osteuropäischen Länder nicht aufgenommen hätte. Man sollte den Westbalkan nicht als finanziellen Ballast sehen, sondern als nächsten Wachstumsmotor Europas“, sagte Orbán anlässlich der Halbzeit des ungarischen EU-Ratsvorsitzes. „Der Westbalkan ist eine Enklave, die in Europa eingezäunt ist. Er ist ein weißer Fleck auf der Landkarte, der eine Gefahr für alle darstellt.“

Besonders scharf ging Orbán mit jenen Stimmen ins Gericht, die den Beitritt Kroatiens zur EU mit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen Serbiens zusammenlegen wollen. „Diese Kombination ist gefährlich. Und zwar nicht nur für Kroatien. Wir wissen, dass ein Land destabilisiert werden kann, wenn es ständig vertröstet wird.“ Welche Mitgliedstaaten diese Verquickung forcieren, sagte Orbán nicht. Es ist allerdings in Brüssel ein offenes Geheimnis, dass vor allem die britische Regierung hinter dieser Idee steckt. Orbán betonte das Ziel seiner Regierung, den Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Zagreb bis Ende Juni zu verkünden: „Das wäre kein Geschenk, sondern die Anerkennung der von Kroatien geleisteten Arbeit.“

Zagreb fürchtet Verzögerung

Kroatien will indessen alles daransetzen, die Beitrittsverhandlungen wie geplant abzuschließen. Nach kritischen Signalen aus Brüssel, dass es möglicherweise zu einer Verzögerung kommen könnte, will die Regierung mit raschen Reformen reagieren und das schwierige Justizkapitel abschließen. Es gilt als größte Hürde auf dem Weg zum Beitritt, da Kroatien bisher die Korruption nicht in den Griff bekommen hat. Mit einem neuen Gesetz soll nun die Korruptionsstaatsanwaltschaft gestärkt werden.

Kommende Woche sollen in Brüssel zwei weitere Verhandlungskapitel geschlossen werden. Derzeit sind bei Kroatien noch sieben von 33 Kapiteln offen.

Gleichzeitig startet Zagreb eine außenpolitische Image-Initiative, um die EU-Mitgliedstaaten von einem Abschluss der Verhandlungen zu überzeugen. Außenminister Gordan Jandroković bemühte sich am gestrigen Donnerstag am Rande eines Nato-Treffens in Berlin, für den Beitritt seines Landes zu werben. Zuvor hatte er Gespräche mit der deutschen Regierung geführt.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán beklagte auch die Haltung Griechenlands gegenüber Mazedonien, das seit 2005 Kandidatenstatus hat, aber wegen des griechischen Bestemms im Streit um den Namen „Mazedonien“ bisher von der EU nicht zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen eingeladen wurde: „Es ist doch absurd, dass ich mich ständig fragen muss, ob ich ,Mazedonien‘ sagen darf oder nicht. Es ist eine unglückliche Strategie, einem Land, das bereits Kandidatenstatus hat, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen aus rein politischen Gründen zu verweigern.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2011)

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