EU-Grenzschutz verletzt Grundrechte

(c) EPA (CARLO FERRARO)
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Die EU-Grenzschutzagentur Frontex behindert den Zugang zu einem geregelten Asylverfahren und arbeitet in einem unkontrollierten Rechtsraum, so die Kritik eines neuen Berichts.

Wien/Wb. Sie fangen Jahr für Jahr Tausende Menschen auf hoher See ab, damit sie nicht in die EU gelangen. Mit ihren Einsätzen im Mittelmeer versucht die EU-Grenzschutzagentur Frontex die massive Zuwanderung aus Nordafrika einzudämmen. Auf Menschenrechte nimmt die Agentur dabei wenig Rücksicht, kritisiert ein neuer Bericht von „Migreurop“, einem Netzwerk von Menschenrechts- und Zuwanderungsgruppen. Am Bericht hat auch die österreichische EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek (Grüne) mitgearbeitet.

So hat Frontex beispielsweise 2009 auf offenem Meer 75Personen entdeckt und unmittelbar danach einer libyschen Seepatrouille übergeben. Als Menschenrechtsorganisationen darauf hinwiesen, dass hier möglicherweise verfolgte Personen, die nach internationalem Recht Anspruch auf Schutz gehabt hätten, zurückgewiesen worden waren, reagierte Frontex irritiert: Es sei nicht die Aufgabe der Agentur, sich darum zu kümmern, ob in Libyen Menschenrechte eingehalten würden, so der stellvertretende Direktor Gil Arias Fernandez.

Abschiebung in Fußfesseln

Zu Verstößen gegen Grundrechte komme es aber nicht nur bei der Nichtanwendung des Asylrechts. Auch von den durch Frontex regelmäßig organisierten Massenabschiebungen seien laut dem Bericht Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Migranten berichteten, dass sie mit Hand- und Fußfesseln in Flugzeuge verfrachtet worden seien, einigen sei der Mund teilweise verklebt oder sie seien mit einem Lähmungsspray ruhiggestellt worden. Immer wieder sei Gewalt angewandt worden.

Mit ein Grund für die Verstöße sei laut dem Migreurop-Bericht die unklare Verantwortlichkeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und Frontex. So heißt es: „Ohne erneutes Hinterfragen der Ziele der Agentur und der Sicht dieser Ziele im Verhältnis zu der Gefahr, die die Agentur für Rechtsverletzungen darstellt, muss man sich fragen, ob die Agentur Frontex selbst mit den Menschenrechten vereinbar ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2011)

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