Slowakei: Ja zum Euro, Nein zum Rettungsschirm

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Symbolbild(c) REUTERS (CATHAL MCNAUGHTON)
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1000 Tage nach Einführung der neuen Gemeinschaftswährung ist die Mehrheit der Slowaken und vor allem der Unternehmer voll des Lobs. Die Beteiligung an der Hilfe für Schuldnerstaaten bleibt dennoch unvorstellbar.

Bratislava. Das Verhältnis der Slowaken zum Euro und zur Euro-Rettung bleibt zwiespältig: Eine klare Mehrheit der Bevölkerung und vor allem der Unternehmer bezeichnet zum Jubiläum „1000 Tage Euro“ die Einführung der Gemeinschaftswährung als „richtigen Schritt“. Gegenüber dem Euro-Rettungsschirm dominiert aber die Skepsis: 48 Prozent der Wahlberechtigten halten es laut einer im September veröffentlichten Umfrage für „richtig und verantwortungsvoll“, dass das slowakische Parlament den Rettungsschirm ablehnen will. Nur 33 Prozent sind gegenteiliger Ansicht, fast ein Fünftel kann sich nicht entscheiden.

Diese scheinbar widersprüchliche Haltung hat viel mit dem von Politikern und Medien präsentierten Bild zu tun, dass die Slowaken eisern sparen mussten, um der Eurozone beitreten zu können. Deshalb könne man nun nicht von ihnen erwarten, dass sie für weniger sparsame und dabei im Lebensstandard wesentlich reichere Nationen die Zeche zahlen sollen. Derzeit ist weder für die Ausweitung des derzeitigen Rettungsfonds EFSF noch für die Schaffung des dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM eine Mehrheit im Parlament in Sicht. Nicht einmal der Termin für die Abstimmung steht fest.

Die meisten haben profitiert

Aus einer gemeinsamen Bilanz der Erste-Bank-Tochter und zugleich größten slowakischen Bank, Slovenska sporitelna, und dem Unternehmerverband PAS zu den ersten 1000 Tagen Euro (zum Stichtag 28. 9. 2011) geht hervor, dass die meisten Slowaken von der Euro-Einführung profitiert haben. Und gar 81 Prozent der von PAS befragten Unternehmer bezeichnet die Euro-Einführung als „richtigen Schritt“, nur 10 Prozent waren gegenteiliger Meinung.

Für 57 Prozent der Firmen brachte die neue Währung konkrete Einsparungen bei Transaktions- und Verwaltungsausgaben durch den Wegfall von Umrechnungen und Wechselkursrisiken insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften. 47 Prozent sahen zudem für sich ein gewachsenes Potenzial bei Auslandsgeschäften.

Auch die Reaktionen der Bevölkerung sind nach Erfahrungen der Bank überwiegend positiv. Besonders schätzten die Bankkunden die Vorteile bei Einkäufen im nahen Ausland. Als unerfreulicher Nebeneffekt kam mit der Euro-Einführung aber auch mehr Falschgeld in Umlauf. Völlig neu für die Slowakei ist, dass jetzt nicht mehr nur Banknoten, sondern auch Münzen gefälscht werden.

Im Unterschied zu Slowenien, das zwei Jahre vor der Slowakei dem Euro beitrat, wurde die Währung für die Slowaken kein Teuro: Nicht zuletzt wegen der gleichzeitig wirksam gewordenen Wirtschaftskrise fiel die Inflationsrate.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2011)

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