Die Pensionshürde für EU-Ausländer wackelt

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Österreichs erst im Vorjahr verschärftes Gesetz für die Bezieher von Ausgleichszulagen wird jetzt geprüft. Der Europäische Gerichtshof muss über bestehende Einschränkungen für EU-Bürger entscheiden.

Wien. Es ist ein politisch und emotional heikles Thema: Bürger aus anderen EU-Staaten erhalten unter bestimmten Voraussetzungen in Österreich eine sogenannte Ausgleichszulage, also eine Art Mindestpension, wenn die eigene Pension nicht reicht. Jetzt wird an der Regelung gerüttelt: Der Oberste Gerichtshof hat sich wegen einer Vorabentscheidung zu den Bedingungen für die Auszahlung der Ausgleichszulage an EU-Bürger an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewandt.

Gleich in mehreren Fällen gibt es nach der „Presse“ vorliegenden Informationen rechtliche Unklarheiten. Die Entscheidung ist brisant: Denn die Regierung hat erst Anfang 2011 das Gesetz verschärft, um zu verhindern, dass vor allem Rumänen oder Bulgaren leicht zu der – höheren – Ausgleichszulage in Österreich kommen.

Inzwischen musste sich der Oberste Gerichtshof mit strittigen Fällen beschäftigten. Grundsätzlich gilt: Für den Anspruch auf eine Ausgleichszulage – derzeit sind das rund 800 Euro brutto im Monat – wird eine ausländische Pension eines EU-Bürgers einer österreichischen Pension gleichgestellt. Von Interesse ist das vor allem bei Personen, die in ihrer Heimat zwar eine Rente erhalten, welche aber oft, wie etwa in Rumänien oder Bulgarien, viel niedriger ausfällt als die Mindestpension (= Ausgleichszulage) in Österreich.

Es geht um bis zu 800 Euro

Für EU-Bürger besteht nun bei einem österreichischen Pensionsversicherungsträger Anspruch auf eine Ausgleichszulage (konkret geht es um die Auszahlung des Differenzbetrags zwischen der Pension im EU-Heimatland und dem Ausgleichsrichtsatz von rund 800 Euro, Anm.), wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt werden. Zu diesen Voraussetzungen zählen ein „gewöhnlicher“ und seit 1. Jänner 2011 auch ein „rechtmäßiger“ Aufenthalt in Österreich, der Betroffene muss vereinfacht ausgedrückt schon länger tatsächlich hier wohnen, und er darf nur über ein niedriges Einkommen unter dem Richtsatz verfügen.

In einem der vom OGH behandelten Fälle geht es darum, dass die Pensionsversicherung den Antrag eines Klägers auf Gewährung einer Ausgleichszulage abgelehnt hat, weil für die Begründung eines rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich eine „ausreichende Existenzsicherung“ und ein umfassender Krankenversicherungsschutz erforderlich seien. Wegen der niedrigen Pension verfüge der Kläger nicht über ausreichende Existenzmittel. Vor Gericht erhielt der Betroffene dann eine Ausgleichszulage von 326,82 Euro zugesprochen.

Der OGH wandte sich an den Europäischen Gerichtshof, ob die Ausgleichszulage als „Sozialhilfeleistung“ zu werten sei. Das ist der entscheidende Punkt: Denn nach der Gesetzesverschärfung 2011 liegt „kein gemeinschaftliches Aufenthaltsrecht“ mehr vor, wenn EWR-Bürger während ihres Aufenthalts Ausgleichszulagen in Anspruch nehmen.

Entscheidung mit Tragweite

Dahinter stecken finanzielle Gründe mit großer Tragweite: Es soll vermieden werden, dass eine Personengruppe – in dem Fall Bezieher von Ausgleichszulagen – das Budget des jeweiligen Aufenthaltsstaates belasten.

Im konkreten Fall geht es um einen deutschen Staatsbürger, der im März 2011 aus persönlichen Gründen mit seiner Gattin nach Österreich übersiedelt ist. Er verfügt über keine sonstigen Einkünfte oder Vermögen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2012)

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