Umfrage: Die isolierten Griechen

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Europaweit sinkt laut dem Pew Research Center die Wertschätzung der Hellenen. Währenddessen steigt die Bewunderung für Deutschland. Nur in Griechenland ist dies nicht der Fall.

Brüssel. Deutschland ist die am meisten bewunderte Nation Europas, Kanzlerin Angela Merkel die angesehenste Staatsführerin des Kontinents: Eine neue Meinungsumfrage des Pew Research Center liefert neben dieser Erkenntnis einen interessanten Hintergrund für die politischen Debatten über die Zukunft Europas, den Reformwillen seiner Völker und ihre Selbstwahrnehmung. Die Daten zeigen zugleich, wie stark Griechenland in den eigenen Augen und in jenen der übrigen Europäer isoliert ist.

Während nämlich die große Mehrheit der befragten Briten, Franzosen, Italiener, Polen, Tschechen und Spanier die Deutschen für die härtesten Arbeiter Europas halten und die Griechen für die faulsten, sehen das die Griechen anders: Sie halten sich selbst für die härtesten Arbeiter Europas. Zumindest in einer Frage stimmten alle Befragten überein: Deutschland ist das am wenigsten korrupte Land der EU. Hier geben die Griechen, Italiener, Polen und Tschechen die schlechtesten Noten, Briten, Deutsche und Franzosen halten Italien für am korruptesten.

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Griechen lehnen Merkel stark ab

Deutschland ist bei den anderen Staaten sehr angesehen – mit Ausnahme Griechenlands. 84 Prozent der Franzosen, 80Prozent der Tschechen und 78 Prozent der Polen haben von Deutschland eine gute Meinung – aber nur 21 Prozent der Griechen. Nirgendwo ist bei denen, die Deutschland nicht mögen, die Ablehnung so stark wie bei den Griechen: 49 Prozent sagten, dass sie eine besonders schlechte Meinung von Deutschland haben.

Klar zeigt sich zudem, wie die Wertschätzung der anderen Europäer für Griechenland mit Fortdauer der Eurokrise sinkt. Im Jahr 2010 gaben noch 71 Prozent der Polen an, von den Griechen eine gute Meinung zu haben. Heute sagen das nur mehr 43 Prozent. Die Griechen-Freundlichkeit der Franzosen sank von 65 auf 45 Prozent, jene der Deutschen von 40 auf 27Prozent, jene der Spanier von 50 auf 34 Prozent.

Diese Außenseiterlage der Griechen zeigt sich auch in ihren Antworten auf die Frage nach der Einschätzung Angela Merkels. 76 Prozent der Franzosen, 67 Prozent der Tschechen und jeweils 66 Prozent der Polen und Briten finden, dass sie ihre Arbeit gut macht – aber nur 14 Prozent der Griechen. Sogar in den beiden anderen südeuropäischen Krisenländern Spanien und Italien unterstützen 63 beziehungsweise 55Prozent die Politik der deutschen Regierungschefin. Und wieder ist die Ablehnung der Griechen nicht nur am größten, sondern auch am stärksten: 57 Prozent der Hellenen finden, dass Merkel besonders schlecht arbeitet.

Ja zum ungeliebten Euro

Die befragten Bürger der fünf Euroländer in dieser Erhebung legten zudem eine gespaltene Einstellung zum Euro an den Tag. Nur 37 Prozent meinen, dass die Einheitswährung eine gute Sache sei. Allerdings wünscht sich in keinem der fünf Länder eine Mehrheit ein Ende des Euro und eine Rückkehr zu Drachme, Peseta oder D-Mark: 66 Prozent der Deutschen, 60 Prozent der Spanier und 71 Prozent der Griechen wollen die ungeliebte Einheitswährung trotz allem behalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2012)

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