Außenminister fordern gewählte Europaregierung

Aussenminister fordern Europaregierung
Aussenminister fordern Europaregierung(c) AP (Virginia Mayo)
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Zehn EU-Minister sprechen sich für eine völlig neue politische Struktur ähnlich dem Modell der USA aus. Auch Österreichs Außenminister Spindelegger hat das Papier unterschrieben.

Sie waren die Verlierer des Lissabon-Vertrags. Die EU-Außenminister haben ihren einstigen fixen Platz bei EU-Gipfel eingebüßt. Nun, da sie entmachtet sind, haben zehn von ihnen eine völlig neue Struktur für die Europäische Union erarbeitet, die auf ein Modell ähnlich jenem der Vereinigten Staaten Amerikas hinausläuft - ein parlamentarisches Zweikammersystem und einen direkt gewählten EU-Regierungschef. Das Modell würde die derzeit äußerst mächtigen Staats- und Regierungschefs der EU entmachten.

Die Gruppe, die vom deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) initiiert wurde und der auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) angehört, schlägt einen direkt gewählten Präsidenten der Europäischen Kommission vor. Er soll künftig als europäische Regierungschef agieren und sich selbst seine Regierungsmitglieder zusammenstellen dürfen.

Vorschlag entspricht Verstaatlichung der EU

Statt des übermächtigen Europäischen Rats (EU-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs) sowie der Ratstagungen der Fachminister soll in Brüssel eine Länderkammer gleichberechtigt zum Europaparlament eingerichtet werden. In ihr sollen die nationalen Regierungen vertreten sein. Ob je nach Größe des Landes mit einem oder mehreren Vertretern ist offen. Die EU würde damit nach dem Modell der USA aus einem Senat und Repräsentantenhaus aufgestellt werden. Der Vorschlag entspricht einer klaren Verstaatlichung der Union. In Österreich wurde dieses Modell bereits in den 1980er Jahren vom damaligen Bundesrat und mittlerweile verstorbenen Manfred Mautner-Markhof entwickelt.

Die Außenminister von Österreich, Belgien, Dänemark, Italien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal und Spanien haben seit Frühjahr regelmäßig getagt. Die sogenannte „Zukunftsgruppe" traf sich im Mai auch in Wien, hat bisher aber kaum Details ihrer Vorschläge an die Öffentlichkeit gebracht. Das nun der „Presse" vorliegende Papier ist lediglich ein Zwischenbericht, dem noch weitere Details hinzugefügt werden.

Währungsunion soll "irreversibel" werden

In diesem Papier begründen sie die Notwendigkeit einer neuen demokratischen Ordnung der EU mit der aktuellen Krise und dem Bestreben, die Währungsunion „irreversibel" zu machen. Sie sprechen sich für eine stärkere Rolle der EU-Institutionen bei der Lösung der Krise aus und treten für mehr direkte Kontrolle der Haushalte ein, wie sie zuletzt die deutsche Bundeskanzlerin mit der Forderung nach einer „Fiskalunion" thematisiert hatte. Ausdrücklich wird darauf verwiesen, dass die entwickelte Solidarität in der EU für die Bewältigung der Krise unabdingbar war.

Westerwelle hatte bereits im März bei einem ersten Treffen in Berlin eine deutliche politische „Vertiefung" der EU gefordert und war dafür scharf kritisiert worden. Spindelegger betonte bereits damals, dass sich auch Österreich einer neuen EU-Vertragskonstruktion nicht verschließen dürfe.

Das gemeinsame Papier der Außenminister fordert aber nicht nur eine Zentralisierung der Macht, sondern auch eine stärkere Einbindung der nationalen Parlamente in den europäischen Entscheidungsprozess.

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