Richtig wählen: Liebesbrief und Halbmond zulässig

Richtig waehlen Liebesbrief Halbmond
Richtig waehlen Liebesbrief Halbmond(c) Die Presse ((c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Man muss nicht unbedingt mit einem Kreuzerl wählen, auch jedes andere Zeichen ist möglich. Überdies darf man dem Stimmzettel sogar eine Grußkarte an die Kandidaten beilegen.

Wien.Am Sonntag wählt Österreich zum zwölften Mal seit 1951 einen Bundespräsidenten. „Die Presse“ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Stimmabgabe.

1Wieso steht Heinz Fischer auf dem Stimmzettel auf Platz eins?

Das hat nichts mit einem Bonus für den Amtsinhaber zu tun. Die Reihung der Kandidaten erfolgt alphabetisch nach dem Nachnamen. Auf Platz eins steht daher Heinz Fischer, gefolgt von Rudolf Gehring und Barbara Rosenkranz.

2Was muss ich machen, um gültig zu wählen?

Die simpelste Variante: Man zeichnet den Kreis neben dem gewünschten Kandidaten an. Das kann durch ein Kreuz, aber auch durch irgendein anderes Zeichen erfolgen. Auch ein Haken, ein Strich oder etwa ein Halbmond wäre also möglich. Sogar eine per Hakenkreuz signalisierte Stimme müsste nach Einschätzung von Wahlexperten gewertet werden, ausjudiziert ist der Fall aber nicht.

Wer kreativ sein will, kann aber auch den Kreis freilassen und stattdessen den Namen eines Kandidaten kennzeichnen (etwa durch Unterstreichen). Noch diffiziler: Man kann ebenso die Namen der beiden nicht gewünschten Kandidaten durchstreichen.

3Was muss ich machen, um bewusst ungültig zu wählen?

Hier sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Man kann den Wahlzettel unbeschriftet ins Kuvert legen, alle Kandidaten durchstreichen oder einfach Donald Duck auf den Wahlzettel schreiben. Jähzornige Menschen sollten wissen: Politikerbeschimpfungen allein machen einen Wahlzettel nicht ungültig. Ist der Kreis eines Kandidaten angekreuzt und steht daneben die Bemerkung „Geht's doch alle sch.....“, ist die Stimme trotzdem gültig. Auch Beilagen zum Stimmzettel im Wahlkuvert (etwa ein Liebesbrief an den Bundespräsidenten) machen die Stimme nicht ungültig.

4Was passiert mit einer ungültigen Stimme?

Sie fließt in das Wahlergebnis nicht ein. Die Zahl der ungültig abgegebenen Stimmen wird aber veröffentlicht. Nicht differenziert wird dabei zwischen offensichtlichen Protestwählern und Leuten, die aus Versehen ungültig gewählt haben.

5Mir ist der Kugelschreiber ausgekommen, was nun?

Es kann leicht passieren, dass man bei seinem Lieblingspolitiker ein schönes Kreuzerl macht, aus Unachtsamkeit aber mit dem Kugelschreiber einen kleinen Strich beim Kreis eines anderen Kandidaten hinterlässt. Schon sind zwei Personen angestrichen, und der Stimmzettel ist ungültig. In diesem Fall gehen Sie bitte zum Wahlbeisitzer und gestehen das kleine Missgeschick. Sie bekommen dann einen neuen Stimmzettel. Insgesamt wurden um 20Prozent mehr Stimmzettel gedruckt, als es Wahlberechtigte gibt.

6Gibt es eine Wahlpflicht? Und wer darf wählen?

Zum ersten Mal herrscht bei einer Bundespräsidentenwahl in Österreich nirgendwo Wahlpflicht. Als letztes Bundesland schaffte Tirol die Pflicht zur Teilnahme ab. Auch bei den Wahlberechtigten gibt es ein Novum. Diesmal darf jeder Österreicher ab 16 (bisher 18) Jahren den Präsidenten wählen. Insgesamt gibt es eine neue Höchstzahl an Wahlberechtigten (6.355.620).

7In welchem Wahllokal kann ich meine Stimme abgeben?

Darüber informiert Sie Ihre Gemeinde. Grundsätzlich dürfen Sie nur in „Ihrem“ Wahllokal die Stimme abgeben. Sollten Sie eine Wahlkarte beantragt haben, können Sie österreichweit votieren.

8Ich wähle per Brief – was muss ich beachten?

Die Wahlkarte muss spätestens am kommenden Freitag, 14Uhr, bei der Wahlbehörde eingelangt sein. Sonst wird sie nicht mitgezählt. Die Frist ist diesmal kürzer als bei Nationalratswahlen, weil es dieses Mal möglich ist, dass es zu einer Stichwahl kommt. Ausfüllen muss man den Stimmzettel aber bereits vor dem Schließen der letzten Wahllokale, also bis Sonntag um 17 Uhr.

Wer nach diesem Zeitpunkt seinen Stimmzettel ausfüllt und diesen abschickt, könnte sich strafbar machen. Kritiker der Briefwahl rügen freilich, dass man den Zeitpunkt der Stimmabgabe unmöglich kontrollieren kann.

9Wie viel Prozent der Stimmen muss ein Kandidat erreichen, um Bundespräsident zu werden?

Gewählt ist ein Kandidat, der die absolute Mehrheit erreicht, er muss also mehr Stimmen bekommen als die anderen Kandidaten zusammen. Gelingt das nicht, so gibt es drei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten.

10Ein Kandidat stirbt überraschend kurz vor der Wahl. Was passiert nun?

Die Wahl wird verschoben. Der Zustellungsbevollmächtigte des verstorbenen Kandidaten kann einen neuen Kandidaten nachnominieren. Andere neue Wahlwerber werden nicht zugelassen. Aber auch der Nachnominierte muss 6000Unterstützungserklärungen für sich sammeln, um kandidieren zu dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2010)

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