Platter: "Die Frauen bekommen noch immer die Kinder"

Günther Platter
Günther Platter(c) APA/ROBERT PARIGGER (ROBERT PARIGGER)
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Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) über die Unterschiede zwischen Frauen und Männern am Beispiel Wehrpflicht.

Die Presse: Als ehemaliger Verteidigungsminister unter Kanzler Wolfgang Schüssel müssten Sie doch für ein Berufsheer in einem europäischen Kontext bzw. für einen Nato-Beitritt sein.

Günther Platter: Ich war schon als Verteidigungsminister für die Wehrpflicht. In meiner Zeit wurde der Grundwehrdienst auf sechs Monate verkürzt – das war auch ein Werk der Heeresreformkommission unter Helmut Zilk. In ihrem Abschlussbericht hat sie die Wehrpflicht deutlich vorgesehen.

In diesem Bericht ist ein Berufsheer ausdrücklich als Option festgehalten.

Aber jetzt brauchen wir die Wehrpflicht. Das Heer muss neben der Landesverteidigung auch für Katastropheneinsätze gerüstet sein. Erinnern Sie sich an die Hochwasserkatastrophe 2002 in Ober- und Niederösterreich! Zwei Drittel der Soldaten waren Grundwehrdiener. Ohne die wären wir nicht in der Lage gewesen, zu helfen.

Man hat den Eindruck, das Hauptargument der ÖVP für die Wehrpflicht ist der Katastrophenschutz. So viele Katastrophen gibt es nicht.

Seien wir froh. Aber wenn Sie zugehört haben – ich habe die Landesverteidigung als ersten Punkt genannt. Außerdem können wir uns ein Berufsheer nicht leisten.

Verteidigungsminister Norbert Darabos verweist dieses Argument ins Reich der ÖVP-Propaganda.

Aber es stimmt. Das System müsste komplett umgebaut werden, es bräuchte ein neues Gehaltsschema. Alle Expertisen, die mir zur Verfügung standen, besagten, dass ein Berufsheer zu teuer ist.

Viele europäische Staaten haben auf ein Berufsheer umgestellt. Warum ist es dort leistbar und bei uns nicht?

Einige EU-Staaten bedauern die Umstellung. In Deutschland etwa gibt es Probleme mit der Rekrutierung. Daraus sollten wir lernen. Außerdem ist es jungen Menschen sehr wohl zumutbar, dass sie einige Monate opfern und Verantwortung für den Staat übernehmen.

Gilt das nur für Männer?

Ja. Ich bin absolut dieser Meinung. Frauen haben andere Bereiche abzudecken.

Zum Beispiel?

Es ist ja immer noch so, dass die Frauen die Kinder bekommen und nicht die Männer.

Nicht alle Frauen bekommen Kinder. Sollen die dann zum Bundesheer?

Diese Differenzierung würde ich nicht vornehmen. Aber Frauen haben andere Aufgaben in der Gesellschaft – bis hin zu Kindern. Da leisten sie viel für die Gesellschaft.

Männer sollen zum Bundesheer, Frauen Kinder kriegen? Die Rollenbilder, die Sie formulieren, dürften nicht nur Feministinnen verstören.

Auch Frauen können – auf freiwilliger Basis – sich beim Bundesheer verpflichten oder Zivildienst leisten. Was ich allerdings meine: Wenn Frauen keine Bereitschaft mehr haben, Kinder auf die Welt zu bringen, sind wir eine tote Gesellschaft. In Tirol bauen wir gerade die Kinderbetreuung aus, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser gelingen kann.

Was ist wichtiger: Kinderbetreuung oder staatliche Familienbeihilfe?

Beides. Das hängt alles zusammen. Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Mut zum Kind gegeben ist.

Warum stellt die ÖVP ihr Konzept für eine Reform des Grundwehrdienstes nicht vor? Oder gibt es noch keines?

Dafür bin ich nicht verantwortlich. Richtig ist, dass es eine Reform braucht: Blumen zählen im Burgenland, wie es lange Zeit Brauch war, kann es nicht sein.

Sie meinen den Assistenzeinsatz, aber den gibt es nicht mehr. Soll der Grundwehrdienst verkürzt werden?

Davon würde ich abraten. Relevant ist, dass die Schwerpunkte festgelegt werden: Landesverteidigung, Katastrophenschutz und natürlich auch der Zivildienst. Wir haben in Tirol 1200 Zivildiener – viele bleiben danach beim Roten Kreuz und leisten freiwillige Arbeit. Deshalb ist der Zivildienst für die Rekrutierung der Blaulichtorganisationen einfach nicht mehr wegzudenken.

Interessant, wie sich die Argumentation der ÖVP über die Jahre gewandelt hat. Die ersten Zivildiener wurden noch Drückeberger genannt – jetzt kann es gar nicht genug Lob für Sie geben.

Dass einzelne Politiker eigene Positionen beziehen, mag so sein. Für mich sind das sehr wertvolle Leute.

Wann wird denn die Landtagswahl in Tirol stattfinden?

Zwischen April und Juni. Wir arbeiten so lange wie möglich.

Frank Stronach hat angekündigt, dass er auch in Tirol antreten wird. Besorgt?

Nein. Ich halte es mit Hans Rauscher, der Fritz Dinkhauser und Hans Peter Martin einmal egozentrische Monomanen genannt hat. Das trifft auch auf Stronach zu.

Oder Sie bekommen Konkurrenz aus den eigenen Reihen: Die ehemalige ÖVP-Landesrätin Anna Hosp könnte mit einer Liste antreten, hört man.

Ich gehe nicht davon aus, dass es eine zusätzliche Liste der ÖVP gibt.

Wie beurteilen Sie die Arbeit der Bundesregierung?

Ich erwarte von der Regierung, dass sie in der Bildungspolitik endlich etwas weiterbringt – obwohl ich wenig Hoffnung habe. Deshalb warte ich in Tirol nicht mehr länger zu. Ich gehe den Weg der gemeinsamen Schule. Und davon werde ich mich nicht abbringen lassen.

Was haben Sie konkret vor?

Experten erarbeiten derzeit die Pläne. Die werden im Frühjahr fertig sein, dann machen wir Modellregionen. In Südtirol gibt es diese gemeinsame Schule seit 30 Jahren – allerdings nicht nach dem Modell der SPÖ. Es braucht eine innere Differenzierung. Mein Konzept sieht auch Ganztagsschulen vor, aber nicht verpflichtend. Und eine einheitliche Lehrerausbildung.

Zur Person

Günther Platter (58) ist seit 1. Juli 2008 Landeshauptmann von Tirol. Davor war er Innenminister (ab 2007) und Verteidigungsminister (seit 2003). Bei der Tiroler Landtagswahl 2008 verlor die ÖVP mit Spitzenkandidat Herwig van Staa rund neun Prozentpunkte (auf 40,4 Prozent). [APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2012)

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