Darabos: ÖVP-Modell wäre der „Tod des Heeres“

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Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) ist über Generalstabschef Edmund Entacher „irritiert“. Die Umstellung auf sein Modell für das Bundesheer sei kostenneutral.

Die Presse: Laut einer aktuellen Gallup-Umfrage sind 42 Prozent für ein Berufsheer, 58 Prozent wollen die Wehrpflicht beibehalten. Sieht so aus, als würde es eine Niederlage für Sie geben.

Norbert Darabos: Das glaube ich nicht. Es ist noch genügend Zeit, unsere Argumente auf den Tisch zu legen – nämlich: Weg mit dem Zwangsdienst, Profis bringen mehr Sicherheit. Es gibt auch Umfragen, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen signalisieren. Richtig ist, dass es in Österreich mehrere Meinungen gibt. Aber ich bin mir sicher, dass es eine Mehrheit für die Abkehr von der Wehrpflicht gibt.

Falls sich die Bevölkerung doch für die Wehrpflicht entscheidet, werden Sie zurücktreten?

Ich bitte um Verständnis, dass ich die Frage vor dem 20. Jänner nicht beantworten werde. Ich möchte den Gegnern nicht den Gefallen tun, dass es eine Abstimmung über meine Person wird.

Wieso? Glauben Sie, dass dann noch mehr Leute für die Wehrpflicht stimmen würden?

Nein, aber es ist ein Wegführen vom Thema. Wir haben schon zu viel Zeit verloren, in der es nicht um die zentrale Frage gegangen ist.

Aber könnten Sie ein Modell umsetzen, gegen das sie monatelang gekämpft haben?

Ich glaube, dass ich gut beraten bin, mich auf mein Modell zu konzentrieren. Ich beschäftige mich nicht mit der Frage, ob ich ein anderes Modell umsetzen muss.

Bis zum 20. Jänner ist nicht mehr viel Zeit. Haben Sie einen Plan B?

Den Plan B werde ich Ihnen danach sagen. Natürlich ist es auch möglich, mit einem anderen Modell fortzufahren. Aber es wäre nicht gut.

Es gibt jedenfalls genügend Leute beim Bundesheer und in der SPÖ, die die Wehrpflicht beibehalten wollen. Generalstabschef Edmund Entacher verschiebt sogar seinen Pensionsantritt, um gegen ein Berufsheer Stimmung zu machen.

Das ist legitim. Aber es stellt sich die Frage, ob es legitim ist, dass ein Generalstabschef in Uniform politische Meinungen artikuliert. Das muss er mit sich selbst ausmachen. Ich höre auch immer mehr Stimmen von seinen Befürwortern, die meinen, er hat den Bogen überspannt.

Glauben Sie das auch?

Ich habe es mir abgewöhnt, seine Auftritte zu kommentieren. Aber ich höre, dass sehr viele irritiert sind. Ich bin es auch, weil er in Uniform innerhalb des Bundesheers politisch agitiert. Aber ich werde niemandem den Gefallen tun, jetzt in einen neuen Konflikt zu gehen.

Entacher behauptet auch, dass Ihre Pilotprojekte bundesweit nicht umsetzbar wären. Man müsste das Budget um vier Prozent erhöhen.

Ich verstehe so manche Rechnung vom Generalstabschef nicht. Wir haben in dem neuen System weniger Berufssoldaten als im alten System: 8500 statt 12.700. Dazu kommen 9300 Profi-Milizsoldaten – die Grundwehrdiener, die immerhin 200 Millionen allein im System kosten, fallen weg. Es ist auch eine Reduktion der Zivilbediensteten von 8500 auf 6500 vorgesehen.

Aus Ihrem Ressort wurden Zahlen veröffentlicht, die besagen, dass Ihr Milizmodell viel teurer wäre als angenommen.

Das ist eine komplizierte Debatte. Ein Milizsoldat kostet in meinem System 5000 Euro.

Das ist nur die Prämie. Hinzu kommen etwa Verpflegung und die Kosten beim Einsatz.

Ja, aber die Miliz würde die Grundwehrdiener ersetzen, die ja auch Geld kosten. Es geht darum, ob das Berufsheer insgesamt kostenneutral ist. Das wird es sein.

Wie lange würde die Umsetzung dauern?

Schon 2014 könnten keine Grundwehrdiener mehr einberufen werden. Abgeschlossen wäre der Prozess in einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren.

Und in diesem Zeitraum wäre es kostenneutral?

Am Beginn würden die Personalkosten steigen, weil wir auch das alte System implementiert haben. Das lässt sich aber durch den Wegfall des Grundwehrdienstes kompensieren.

Sie wollen kein Steuergeld für die Berufsheer-Werbung ausgeben. Aber das Komitee „Unser Heer“ wird von der SPÖ finanziert, die wiederum staatliche Förderungen bekommt.

Beide Parteien werben für ihre Idee, auch durch Komitees. Aber es ist nicht das Geld des Ministeriums.

Dem Bürger dürfte das egal sein: Es handelt sich um Steuergeld.

Es gibt keine Steuergelder des Ministeriums. Aber von der Partei, das ist legitim.

Vorhin haben Sie gesagt, ein Argument für das Berufsheer ist: Profis bringen Sicherheit. Das ist auch das Thema für den Nationalfeiertag. Zufall?

Wir haben jetzt auch 14.000 Profis. Und ich sehe im Titel nicht den Begriff Berufsheer. Ich finde, das ist ein gutes Motto.

Das hat für Sie keinen Bezug zum Berufsheer?

Im jetzigen Zeitraum nicht. Es kann sich auch jeder sicher sein, dass wir zum jetzigen System stehen, solange es noch besteht.

Nächste Woche besuchen Sie Ihren US-Amtskollegen. Holen Sie sich Tipps, wie man ein Berufsheer mit Nato-Bündnis umsetzt?

Ich hole mir keine Tipps, schon gar nicht in Richtung Nato-Bündnis. Um die Süffisanz Ihrer Frage zu entschärfen: Ein Berufsheer hat nichts mit dem Nato-Beitritt oder der Neutralität zu tun. Wir bleiben neutral.

Was sagen Sie zum Heeresmodell der ÖVP?

Ich halte das für den Tod des Bundesheeres. Sogar die Hardcore-Wehrpflicht-Befürworter sagen, dass durch eine Reduzierung des Wehrdienstes von sechs auf fünf Monate die Leistungen nicht mehr gewährleistet wären.

SPÖ-Chef Faymann bekam beim Parteitag nur 83 Prozent der Stimmen. Was hat er falsch gemacht?

Es wird da und dort einen Grund gegeben haben, doch man schwächt damit die eigene Partei und nicht den Vorsitzenden. Aber ich kann nicht in die Delegierten hineinblicken.

Ein Grund ist auch die schlechte Kommunikation beim Bundesheer-Thema.

Es kann den einen oder anderen gegeben haben, der unseren Weg nicht für richtig hält. Einer (Peter Korecky, Anm.) engagiert sich auch bei Wehrpflicht-Initiativen, was mich etwas wundert. Ich würde das aber nicht als Hauptthema sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2012)

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