Fekter: „Weg von der Firmgöd-Mentalität“

Maria Fekter
Maria Fekter(c) Dapd (Hans Punz)
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Finanzministerin Fekter strebt mit der Transparenzdatenbank eine Durchforstung des Förderdschungels an. Die ÖVP schieße sich „ab und zu auch ein Eigentor“.

Die Presse: Frau Minister, man hatte das Gefühl, der ÖVP fehlt selbst bei schwächelnden Gegnern der Zug zum Tor. Dann entwickeln Sie mit dem Thema Steuerreform einmal diesen Zug zum Tor und werden von Ihrem Parteichef zurückgepfiffen. Wie geht's Ihnen dabei?

Maria Fekter: Das war kein Zurückpfeifen und – beim Fußball bleibend – auch kein Rückpass. Wir sind einer Meinung: Wir müssen den Mittelstand und Familien durch eine Steuerreform entlasten, aber wir müssen uns das auch leisten können.

Apropos Leistung: Sie wollten mit dem Transferkonto den Förderdschungel durchforsten. Um das Projekt ist es still geworden...

Im Gegenteil, wir haben das Transparenzportal vergangene Woche im Parlament beschlossen. Die Ministerien liefern jetzt laufend ihre Daten für die Transparenzdatenbank und mit den Ländern haben wir eine 15a-Vereinbarung, damit sie auch mitmachen können. Salzburg zum Beispiel bietet schon heute auf Knopfdruck eine Übersicht, was es alles an Förderungen gibt. Im Gegenzug ist einsehbar, wer welche Förderungen bekommen hat.

Das ist Ihre Idealvorstellung für ganz Österreich?

Ja, am Ende des Tages müssen unter Einhaltung des Datenschutzes alle Förderungen auf Knopfdruck ersichtlich sein. Das ist auch ein Service für die Menschen. Damit will ich weg von dieser Firmgöd-Mentalität, von der einige glauben, dass das in der Politik noch funktioniert. Wo man die Menschen wie Almosenempfänger kommen lässt, und die Politik spielt Firmgöd und gibt ihnen halt ein bisserl was. Das ist nicht mehr zeitgemäß, die Menschen sollen sehen, was ihnen zusteht. Aber wir müssen auch den Förderdschungel durchforsten: Es gibt in Bund, Ländern und Gemeinden mehr als 50.000 Förderansätze, Doppel- und Dreifachförderungen müssen wir uns anschauen.

Sie haben aber keine Sanktionsmöglichkeit, wenn manche Länder und Gemeinden ihre Daten nicht liefern, oder?

Nein, ich bin auf den Goodwill angewiesen. Aber wenn einige Länder mitmachen, wird automatisch der Druck auf die anderen steigen.

Zurück zur Steuerreform: Eine Gegenfinanzierung über Vermögenssteuern, zum Beispiel auf Vermögen von mehr als einer Million Euro wie von der SPÖ gefordert, lehnen Sie ab. Gefällt Ihnen die Rolle als Protektorin der Superreichen?

Es geht nicht um Superreiche. Jeder mittelständische Betrieb mit ein wenig Betriebsanlagevermögen ist schnell bei dieser Summe.

Könnte man nicht Betriebs- und Privatvermögen unterscheiden?

Wertpapiere, Sparbücher und Grund und Boden sind schon besteuert, was bleibt da noch übrig? Bilder und Teppiche in den Haushalten, die vielleicht etwas wert sind. Und da bin ich bei der Schnüffelsteuer, wo die Finanzfahnder in privaten Haushalten nachschauen kommen. Da mache ich nicht mit.

Ein Beispiel: In Oberösterreich hat ein findiger Steuerberater Böhler-Uddeholm gekauft, mit rund 400 Millionen Gewinn nahezu steuerfrei verkauft und jetzt kauft er das ganze Mühlviertel auf. Ist das gerecht?

Wir sind nicht im Ostblock, dass ich als Finanzministerin planwirtschaftliche Spiele machen kann. Wenn jemand aus Investitionen Gewinn macht, versteuern wir diese Erträge. Bei Grund und Boden wird die Immosteuer fällig, bei Wertpapieren die Wertpapiersteuer. Wenn jemand Häuser kauft, werden Miet- und Pachterträge versteuert. Die Erträge haben wir also lückenlos besteuert. Und eine Steuer auf Substanz ist ökonomischer Unsinn.

Wie wird dann also eine Steuerreform gegenfinanziert?

Es gibt kreative Ansätze, Parteichef Spindelegger wird unser Modell präsentieren, wenn es fertig ist.

Jeder vernünftige Haushalt kürzt Ausgaben, wenn er mit dem Geld nicht auskommt. Österreich dagegen macht im Jahr mit den höchsten Steuereinnahmen immer noch neue Schulden. Warum?

Wir haben einen Pfad, der bis 2016 Richtung Nulldefizit geht. Wir kürzen um 27 Milliarden Euro. Wir machen aber keine Vollbremsung, die das Wachstum abwürgt, sondern wir kürzen bei den Kostentreibern: Pensionen, Gesundheit. Diese Maßnahmen wirken nach und nach.

Immer noch wird für Pensionen aber weit mehr ausgegeben, als für Bildung und Forschung. Sind Junge nicht krass benachteiligt?

Wir steigern die Bildungsausgaben jährlich und sie sind im OECD-Vergleich auch sehr hoch.

Wird das Geld effizient eingesetzt, sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen?

Nein, ich bin nicht zufrieden, dass so viele Menschen mit Schulabschluss nicht ausreichend lesen und schreiben können. Wir sollten uns weniger in der Debatte über die zehn- bis 14-Jährigen verheddern, wir müssen in der Volksschule ansetzen, dort muss man die Grundtechniken lernen, dazu muss man Deutsch können. Also müssen wir im Vorschulalter beginnen.

Vor dem Krach um die Steuerreform hat es zwischen Ihnen und Vizekanzler Spindelegger im Sommer Wirbel gegeben: wegen Überlegungen, wonach er das Finanzressort übernehmen und Sie an die Spitze des Parlamentsklubs wechseln sollen. Ist das ausgeräumt?

Ich habe schon vor dieser Diskussion gesagt, dass ich eine loyale Mitarbeiterin bin und der Chef sein Team gestalten soll, wie er es für richtig hält. Ich habe bisher immer das gemacht, was man mir umgehängt hat. Was ich ihm dazu gesagt habe, war, dass ich es nicht für klug halte, wenn er sich das Megaressort Finanzen aufhalst.

Aber Sie hätten Platz gemacht?

Ich bin eine glühende Parlamentarierin, ich hätte auch das gemacht. Wir haben damals den Fehler gemacht, die Debatte nicht rechtzeitig einzufangen. Intern war das Planspiel längst erledigt, da sind erst die Diskussionen in der Öffentlichkeit losgegangen.

Es gab damals auch Gerüchte, dass Sie die Partei übernehmen?

Blödsinn. Ich habe meine beiden Vorgänger mit der Dreifachbelastung Parteichef, Vizekanzler, Finanzminister erlebt, das ist nicht erstrebenswert. Finanzminister ist ein mörderischer Fulltime-Job.

Trotzdem noch eine Frage zur Lage der ÖVP: Die Partei liegt in den Umfragen noch hinter dem historisch schlechten Wahlergebnis von 2008. Warum?

Es gibt mehr Mitbewerber. Aber ich bin überzeugt, dass sich unsere seriöse Sacharbeit am Ende auszahlen wird. Ab und zu schießen wir uns auch ein Eigentor, das gebe ich zu.

Zum Beispiel?

Die Bundeshymnen-Debatte 2011 war nicht unbedingt notwendig. Die Personaldebatte im Sommer haben wir zu spät eingefangen, das habe auch ich unterschätzt.

Interview mit den Chefredakteuren der Bundesländerzeitungen und der „Presse“: aufgezeichnet von Jasmin Bürger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2012)

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