Die Wirtschaftskammer distanziert sich von dubiosen Gegengeschäften, der Verteidigungsminister denkt über eine Vertragsauflösung nach. Das könnte Monate dauern.
Wien. War die Kaufentscheidung für den Eurofighter im Jahr 2002 rechtlich einwandfrei? Oder ist doch „nicht alles sauber gelaufen“, wie Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) Mitte der Woche meinte? So weit wie sein Parteifreund wollte Christoph Leitl, damals wie heute Präsident der Wirtschaftskammer, im Gespräch mit der „Presse“ nicht gehen: „Es ist Sache der Gerichte, aus diffusem klares Licht werden zu lassen. Alles andere sind Vermutungen.“
In einem Punkt war Leitl aber um Klarstellung bemüht: Bei den Gegengeschäften zum Eurofighter-Deal mit dem Rüstungskonzern EADS habe sich die Wirtschaftskammer auf die Rolle „des Vermittlers zwischen Unternehmen“ beschränkt. „Wir waren weder für die Ausschreibung noch für Vergaben oder die Anerkennung zuständig.“ Vorsitzender der Gegengeschäftsplattform in der Kammer war damals der Vizegeneralsekretär, ein gewisser Reinhold Mitterlehner.
Der heutige Minister bezog am Freitag auch vor dem Nationalrat Stellung zur Eurofighter-Affäre: Sein Ressort könne das Bieterkonsortium (also EADS) bezüglich Gegengeschäfte nicht entlasten. Immerhin gebe es seitens der Staatsanwaltschaft „noch Fragestellungen“. Das war möglicherweise untertrieben. Denn Ermittler in Italien, Deutschland und Österreich sind seit eineinhalb Monaten einem dubiosen Firmennetzwerk im Dunstkreis von EADS auf der Spur, über das heimische Politiker, Beamte und Betriebe bestochen worden sein sollen. Auf Umwegen über halb Europa könnten bis zu 180 Millionen Euro geflossen sein.
Vier Millionen Euro landeten 2002 auf dem Konto einer Klagenfurter Privatstiftung. Wenig später gab Landeshauptmann und FPÖ-Chef Jörg Haider seine Blockade gegen den Eurofighter auf. In der Ministeratssitzung vom 2. Juli 2002 entschied sich die Regierung unter Wolfgang Schüssel dann für den deutschen Abfangjäger. Andreas Khol, weiland ÖVP-Klubobmann, sprach am Freitag von einem „ganz normalen Entscheidungsprozess“.
Sollten sich die Vorwürfe gegen EADS dennoch erhärten, könnte das Geschäft mit Österreich nichtig sein, zumal es eine entsprechende Klausel im Vertrag gibt. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) würde die Rückabwicklung „sofort“ einleiten, wie er dem ORF-Radio erklärte. Aus Mangel an Beweisen hätte er derzeit aber keine rechtliche Handhabe. Er habe die Staatsanwaltschaft Wien gebeten, noch einmal gründlich zu prüfen.
Doch die Ermittlungen stehen erst am Beginn: „Es wird noch Monate dauern“, wurde der „Presse“ im Büro von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) erklärt. Derzeit werde Material gesichtet und bewertet, das bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurde.
Ringen um Mensdorffs Schloss
In einem anderen Fall ist man schon weiter: Vor dem Prozess gegen den Waffenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly will die Staatsanwaltschaft ein Veräußerungsverbot für dessen Schloss im burgenländischen Luising erwirken, damit es im Falle einer Verurteilung nicht dem staatlichen Zugriff entzogen werden kann. Der Antrag wurde allerdings vom Landesgericht abgelehnt. Die Anklagebehörde wandte sich nun an das Oberlandesgericht.
Mensdorff muss sich ab 12. Dezember unter anderem wegen des Verdachts der Geldwäsche vor Gericht verantworten. Er soll zwölf Millionen Euro an (unbekannte) Entscheidungsträger verteilt haben, um Waffendeals für den britischen Rüstungskonzern BAE einzufädeln. Mensdorff bestreitet die Vorwürfe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)