Live-Ticker Im Prozess gegen den Ex-Politiker stützte heute Strassers Lebensgefährtin seine Geheimdienst-These. Auch sein Steuerberater betonte: "Er hat befürchtet, dass er abgehört wird." DiePresse.com berichtete live.
Im Prozess gegen den früheren VP-Innenminister und EU-Parlamentarier Ernst Strasser ist am Freitag dessen Geheimdienst-These auf dem Prüfstand gestanden. Strasser behauptet bekanntlich, er habe sich nur deshalb auf Gespräche mit zwei als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten eingelassen, weil er diese für Geheimdienst-Leute gehalten und enttarnen habe wollen. Die Staatsanwaltschaft aber wirft ihm vor, den „Lobbyisten" gegen ein jährliches Honorar von 100.000 Euro seine Einflussnahme auf die EU-Gesetzgebung angeboten zu haben.
Der Unternehmens- und Steuerberater Thomas H. unterstützte nun Strassers Behauptung. Er sagte aus, Strasser sei zwei Mal mit der Frage an ihn herangetreten, „ob es möglich wäre, dass meine Büros abgehört werden" - zuerst 2009, dann im Herbst 2010. Einen konkreten Verdacht oder Geheimdienst habe der Ex-Politiker aber nicht genannt. Nicht in Verbindung mit einem Geheimdienst habe Strasser zudem die Agentur „Bergman & Lynch" gebracht. Die Firma hatten die „Lobbyisten" als ihren Arbeitgeber ausgegeben. Strasser habe ihn gebeten, diese zu prüfen. „Es gab keine Firmennummer", sagte der Zeuge. „Das war mir nicht koscher."
Zwei Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wurden danach befragt. Der erste Polizist sagte aus, dass Strassers Lebensgefährtin sich 2010 an ihn gewandt hatte: „Sie war sehr besorgt. Das war sehr allgemein." Bei einem Treffen habe Strasser dann Bedenken über einen russischen Dienst geäußert, konkreten Verdacht habe es nicht gegeben. Ein „britisches Unternehmen hat Strasser nicht genannt". Weiters habe es aus Sicht des BVT „kein konkretes Bedrohungsszenario" gegeben. Der zweite Polizist hatte indes keine Erinnerung mehr an Details oder daran, von wem die Initiative ausgegangen war.
Lebensgefährtin: „Habe mich gefürchtet"
Strassers Lebensgefährtin präsentierte kurz darauf eine etwas andere Version: Im Juli 2010 habe Strasser ihr von „Bergman & Lynch" berichtet. Die Firma sei ihm „nicht koscher" gewesen. In ihrem Kopf hätten sich dann „Puzzlesteine zusammengefügt", immerhin habe im April ein Polizist mit ihr Kontakt aufgenommen und sie gefragt, ob auf Reisen ein Nachrichtendienst an sie herangetreten sei. „Das habe ich damals nicht ernst genommen." Im Juli habe sie sich dann aber „gefürchtet".
Strasser habe einen Geheimdienst vermutet und gemeint: „Die Schweine, die hole ich mir." Sie hätten „die Amerikaner" vermutet. Ihren Verdacht erklärte die Zeugin so: Zum BVT habe Strasser nicht gehen wollen, denn das habe ihn schon einmal im Stich gelassen. Sie selbst habe aber beim BVT angerufen und gesagt, „dass ich Angst habe, dass der Ernst überwacht wird".
Aufregung um anonymes Schreiben
Am Ende der Verhandlung präsentierte Richter Georg Olschak einen Brief von einem anonymen Adressaten, der versucht hatte, die für Montag geplante Einvernahme der britischen Journalisten Claire Newell und Jonathan Calvert zu verhindern. In dem Schreiben heißt es fälschlicherweise, die Ermittlungen gegen die Journalisten seien noch nicht eingestellt. Strasser will damit nichts zu tun haben: „Es ist mir egal, ob die aussagen."
Strasser wird bekanntlich Bestechlichkeit vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ein bis zehn Jahre Haft. Der Ex-Politiker hat sich „nicht schuldig" bekannt.
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