Salzburg: Spekuliert „bis zum Totalausfall“

SALZBURGER FINANZSKANDAL: AUSSENANSICHT DER SALZBURGER FINANZ- UND VERMOeGENSVERWALTUNG
SALZBURGER FINANZSKANDAL: AUSSENANSICHT DER SALZBURGER FINANZ- UND VERMOeGENSVERWALTUNGAPA/BARBARA GINDL
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Auftakt im Salzburger U-Ausschuss zur Finanzaffäre enthüllt: ÖVP-Ex-Ressortchef Eisl wollte keine genauere Prüfung der Spekulationsgeschäfte.

Salzburg. Es waren nicht die großen Namen in der Salzburger Finanzaffäre, die am Mittwoch, dem ersten Tag der Zeugenbefragungen vor dem Untersuchungsausschuss im Salzburger Landtag, Rede und Antwort standen. Doch was die normalerweise eher im Schatten stehenden Mitarbeiter der Landesbuchhaltung zu sagen hatten, warf ein deutliches Licht auf das – offenbar bewusst in Kauf genommene – Versagen der internen Kontrolle bei den Spekulationsgeschäften des Landes.

Das Risikogeschäft mit Wertpapieren und Derivaten wurde wie eine „Black box“ geführt. Das Land ging das Risiko auch bewusst ein: Die Vorsitzende des U-Ausschusses, Astrid Rössler (Grüne), präsentierte ein Anlegerprofil, das die Leiterin des Budgetreferats, Monika Rathgeber, und ihr Mitarbeiter im Jahr 2008 bei der Oberbank für das Land Salzburg unterschrieben hatten. Darin ist die höchste Risikostufe – bis zum Totalausfall des Kapitals – angekreuzt. „Das Land hat sich entschieden, mit komplexen Papieren höchstes Risiko einzugehen und gleichzeitig die Kontrolle ausgeschaltet“, fasste Rössler ihren Eindruck zusammen.

Schon zu Beginn des aktiven Finanzmanagements in den Jahren 2002 und 2003 hatten weder das Budgetreferat noch der damals politisch verantwortliche Finanzreferent, Wolfgang Eisl (ÖVP), Interesse an einer intensiveren Kontrolle der Finanzgeschäfte, war der Tenor der Aussagen der Mitarbeiter der Landesbuchhaltung. Die Beschäftigten hatten wiederholt genauere Informationen zu den Zahlungsein- und -ausgängen gefordert und auch vor dem Risiko solcher Geschäfte gewarnt.

„Nicht erlaubt, lästig zu sein“

2003 gab es eine Aussprache zwischen dem damaligen Abteilungsleiter der Buchhaltung, Manfred Müller, und Eisl, bei dem die Bedenken der Buchhaltung an den Ressortchef herangetragen wurden. Nun berichtete Müller im U-Ausschuss von der Abfuhr, die er damals erhalten hatte: Die Risikobewertung der Geschäfte liege ausschließlich beim Budgetreferat, hatte es damals geheißen.

Das Budgetreferat sei bei Zahlungen die anweisende Stelle gewesen, die Buchhaltung habe das umzusetzen gehabt. „Man hat uns nicht mehr erlaubt, lästig zu sein, das war zu akzeptieren, das war politischer Wille“, sagte Müller, der seit Mai 2005 Direktor des Landesrechnungshofes ist. Auch als das Ressort dann ab 2004 von Finanzreferent Othmar Raus (SPÖ) geführt wurde, hat sich an dieser Haltung nichts geändert.

2006 wurde die Buchhaltung als Referat in die Finanzabteilung eingegliedert. „Für uns war das nicht ganz verständlich, wir haben uns gewehrt. Aber es war politischer Wille, eine Abteilung einzusparen“, sagte ein ehemaliger Beschäftigter der Buchhaltung. Das Vertrauensverhältnis zwischen Buchhaltungs- und dem von Rathgeber geführten Budgetreferat ist in der neuen Konstellation nicht gewachsen. „Wir haben uns arrangiert“, sagte ein Zeuge. Geprüft wurden die Finanzgeschäfte von der Buchhaltung nicht mehr.

Auch Müller nützte sein Wissen über die Probleme nicht für eine genauere Prüfung. Der Landesrechnungshof habe nicht die Ausstattung, um so komplexe Finanzgeschäfte effizient zu prüfen, sagte Müller im U-Ausschuss.

Es habe diesbezüglich mehrere Besprechungen mit dem Bundesrechnungshof gegeben. Eine Aussage, die ihn nun selbst unter Beschuss bringt: Die Grünen fordern eine Abberufung des Chefs des Landesrechnungshofs. „Echte Kontrolle sieht anders aus“, ärgerte sich Rössler. Man könne sich als Landesrechnungshof nicht darauf zurückziehen, auf einen Prüfauftrag zu warten, sondern müsse Hinweisen von sich aus nachgehen und den Landtag informieren.

„Ein unbegreifliches Chaos“

Am Nachmittag stand die Befragung jenes Mitarbeiters der Finanzabteilung auf dem Programm, der im Oktober von der Deutschen Bank kam, um die Geschäfte von Rathgeber zu überprüfen. Der Mitarbeiter, der das Land jahrelang seitens der Deutschen Bank betreut hatte, schilderte Rathgeber als fachlich brillant, aber „aufzeichnungstechnisch und abwicklungsmäßig unprofessionell“. Sie habe ein unbegreifliches Chaos hinterlassen. Niemand habe gewusst, dass es außerhalb des offiziellen Portfolios des Landes noch Derivatgeschäfte gegeben habe. Das offizielle Portfolio bezeichnete der Experte als „spekulativ“. Doch was sich im nicht offiziellen Portfolio befunden habe, sei um ein x-Faches spekulativer.

Auf einen Blick

Untersuchungsausschuss. Insgesamt wurden 28 Zeugen zur Einvernahme in den U-Ausschuss des Salzburger Landtags zur Finanzaffäre des Landes geladen. Schon die Aussagen beim Auftakt am Mittwoch, wonach eine strenge Kontrolle der Finanzgeschäfte nicht erwünscht gewesen sei, sorgten für Aufsehen. Heute, Donnerstag, soll die gefeuerte Finanzbedienstete Monika Rathgeber aussagen. Ex-Finanzreferent David Brenner (SPÖ) ist für 5.März geladen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

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