Niederösterreich: Renaissance schwarz-roter Harmonie

Niederoesterreich ÖVP und SPÖ
Niederoesterreich ÖVP und SPÖ(c) APA/NLK Johann Pfeiffer (NLK Johann Pfeiffer)
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Nach fünf Jahren auf Konfrontationskurs haben sich ÖVP und SPÖ trotz der schwarzen Absoluten wieder auf ein Arbeitsübereinkommen geeinigt. Der Proporz bleibt.

St.pölten/Gr. Es widerstrebte ihm zutiefst, sagt Erwin Pröll, „die zweitstärkste Kraft im Land“ – gemeint ist übrigens die niederösterreichische SPÖ – „gegen die Wand zu drücken“. Weswegen die zuletzt wieder von Prölls ÖVP angepeilte Abschaffung des Proporzes, also der automatischen Verteilung der Sitze in der Landesregierung nach dem Ergebnis der Landtagswahl, kurzerhand abgesagt ist.

Und „abgesagt“ heißt in dem Fall nicht nur etwa an eine Arbeitsgruppe delegiert oder um einige Jahre verschoben: Der Proporz wird in der aktuellen Legislaturperiode als Thema absolut ausgespart werden, erklärt Klaus Schneeberger, schwarzer Klubobmann im Landtag. Zusätzlich habe er mit seinem roten Widerpart, Alfredo Rosenmaier, vereinbart, dass die ÖVP in den kommenden Jahren nicht mit den anderen Parteien verhandeln werde, um gegen die SPÖ eine Zweidrittelmehrheit zu erzielen – was zur Abschaffung des Proporzes etwa gemeinsam mit den Grünen und der Stronach-Partei möglich gewesen wäre.

Parteichefs wollten Pakt

Diese und zahlreiche andere Vereinbarungen haben Pröll und der neue Chef der Landes-SPÖ – St.Pöltens Bürgermeister, Matthias Stadler – gestern, Mittwoch, gemeinsam mit ihren Klubobleuten präsentiert: Ein 15-seitiges Arbeitsübereinkommen, das eigentlich nicht nötig gewesen wäre – schließlich könnte die ÖVP mit ihrer am 3.März verteidigten absoluten Mehrheit auch ohne Partner problemlos das Land regieren.

Dass dennoch ein schwarz-roter Pakt zustande gekommen ist, geht vor allem auf den Willen der beiden Parteichefs zurück: Einerseits der überzeugte Großkoalitionär Pröll, den der Konfrontationskurs der SPÖ in den vergangenen Jahren – unter Josef Leitner verweigerte die Partei etwa den Beschluss gemeinsamer Budgets – persönlich getroffen hatte. Andererseits Stadler, in der Landeshauptstadt selbst mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet, der es auch in dieser Zeit verstanden hatte, guten Kontakt mit Pröll zu halten – nicht zum Nachteil der Stadt, wo das Land zuletzt unter anderem die Errichtung eines neuen Stadions mitfinanzierte.

Noch am Wahlabend habe Stadler mit Pröll telefoniert, tags darauf akkordierten die beiden, Gespräche über eine Zusammenarbeit auch im Landtag – in der Landesregierung ist die SPÖ des Proporzes wegen ohnehin mit zwei Mitgliedern vertreten – aufzunehmen. Die Schwerpunkte dieser Zusammenarbeit wurden in den vergangenen Wochen auf Klubebene fixiert: Unter anderem sieht das Übereinkommen vor, Budgets in Zukunft wieder gemeinsam beschließen zu wollen, das mit dem Bund vereinbarte Spekulationsverbot soll bereits in der ersten Arbeitssitzung des Landtages beschlossen und im Mai ein Gemeindegipfel einberufen werden, der sich mit den Schwierigkeiten der Finanzierung der Kommunen auseinandersetzen soll. Darüber hinaus setzen die Parteien „Strukturkommissionen“ ein, die – besetzt mit je vier ÖVP- und zwei SPÖ-Funktionären – Konzepte für Landeskliniken, Gemeindekooperationen, Bildung, Regionales, Ausbau der direkten Demokratie und Bürgerbeteiligung entwickeln sollen.

Eine weitere solche Kommission soll sich – unter Einbeziehnung von Experten – auch der Zukunft der umstrittenen Veranlagungen des Landes widmen. Eine Einbeziehung der Opposition ist jeweils nicht vorgesehen.

SPÖ: „Man hat uns leben lassen“

Alles Punkte, auf die sich die Klubs ohne Schwierigkeiten einigen konnten – nur an zwei Themen spießte es sich: einerseits der Abschaffung des Proporzes, andererseits an der Forderung der SPÖ, die ihr in der vergangenen Periode entzogenen Kompetenzen für Bedarfszuweisungen an rote Gemeinden zurückzubekommen. Beide Themen wurden an Pröll und Stadler delegiert – die noch am Mittwochvormittag übereinkamen, beides nicht umzusetzen.

Entsprechend gelöst war dann auch die Stimmung bei der Präsentation der Vereinbarung: Kaum ein Satz, in dem nicht die „Augenhöhe“ der beiden Parteien beschworen worden wäre. Und Stadler durfte sich freuen: „Man hat uns leben lassen.“

Auf einen Blick

Die Kompetenzverteilung unter den Parteien in der Landesregierung ändert sich infolge des neuen schwarz-roten Paktes kaum: Während die schwarzen Landesräte mehrere Zuständigkeiten tauschen, bekommen die SPÖ-Regierungsmitglieder die Tierschutzagenden übertragen. Dafür wandert die Zuständigkeit für Asylsachen an Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Stronach).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2013)

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