Niko Alm: Im Zweifel Atheist, ÖVP-Mitglied und Grünen-Kandidat

Niko Alm
Niko AlmClemens Fabry
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Niko Alm will mit seinem Anti-Kirchenprivilegien-Volksbegehren auf die Bevorzugung der Religion aufmerksam machen. Weihnachten feiert er trotzdem.

Niko Alm (37) hat ein wenig das Kind in sich bewahrt. Er spielt gern. Und er provoziert gern. Vor zwei Jahren setzte er sich ein Nudelsieb auf den Kopf, ließ sich fotografieren und das Bild in seinen Führerschein drucken. Weil er auf den Umstand aufmerksam machen wollte, dass religiöse Kopfbedeckungen auf Führerscheinfotos erlaubt seien. Das Nudelsieb sollte ihn als Mitglied der „Pastafaris“, einer Religionspersiflage, ausweisen. Nach einem verordneten Besuch beim Amtsarzt wurde ihm das Führerscheinfoto tatsächlich bewilligt.

Und als Max Hiegelsberger, der Obmann des oberösterreichischen ÖVP-Bauernbunds, verlangte, Atheisten mögen Kirchensteuer zahlen, trat Niko Alm kurzerhand dem (Wiener) Bauernbund bei, um sich die Organisation einmal von innen anzusehen – und ist seither Mitglied der ÖVP. „Ich zahle auch brav meine Beiträge.“

Niko Alm meint es – bei all dem Spaßguerilla-Programm – aber durchaus ernst. Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, Initialzündung war die Causa Groer, ließen ihn die Laizismus-Initiative gründen, die ab Montag im Anti-Kirchenprivilegien-Volksbegehren ihre Fortsetzung findet. 100.000 Unterschriften hält Alm für machbar.

„Buckeln vor der Religion“

„Die Kirche wird einfach nachsichtiger behandelt“, ärgert sich Niko Alm. Die Behörden würden nicht so wie in anderen Fällen einschreiten. Auch die unabhängige Opferanwaltschaft, besser bekannt als Klasnic-Kommission, würde nicht wirklich zur Aufklärung beitragen. Im Großen und Ganzen gebe es in Österreich nach wie vor ein „Buckeln vor der Religion“.

Persönlich, sagt Niko Alm, sei er weder missbraucht worden, noch habe er sonst schlechte Erfahrungen mit der katholischen Kirche gemacht. Er sei auch getauft und gefirmt und habe bis zur Matura den Religionsunterricht besucht. Im Alter von 18 Jahren sei er aber ausgetreten. Denn: Geglaubt habe er nie. Seine Eltern seien ganz normale österreichische Taufscheinkatholiken.

„Gap“- und Super-Fi-Besitzer

Im Brotberuf ist der Absolvent des Studiums der Philosophie und Kommunikationswissenschaften (Medien-)Unternehmer – mit 60 Mitarbeitern. Auch da kommt das Kind, besser gesagt, der Jugendliche in ihm zum Vorschein. Alm gibt etwa die popkulturellen Szenemagazine „Gap“ und „Vice“ (den Österreich-Ableger) heraus. Zu seiner medialen Mischkonzerngruppe gehören überdies eine Software-Entwicklungsfirma und die Werbeagentur Super-Fi. Mit dieser betreute er den Nationalratswahlkampf der Grünen 2006 und 2008, noch heute gestaltet er deren Homepage. Alm arbeitet aber auch für ÖVP-Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz.

Aufregung gab es um Aufträge, die Alm von der rot-grünen Stadtregierung erhalten haben soll. Die Grünen würden einem befreundeten Unternehmer Aufträge zuschanzen, so die Kritik. „Die Aufträge habe ich alle bekommen, als es Rot-Grün noch gar nicht gab. Wenn, dann müsste man mir eine Nähe zur SPÖ unterstellen, die gibt es aber auch nicht, ich kenne dort eigentlich niemanden.“ Mit den Grünen hatte Alm abseits seiner beruflichen Tätigkeit allerdings schon Berührungspunkte. 2003 kandidierte er in seiner Heimatgemeinde Weikendorf im niederösterreichischen Weinviertel auf der grünen Liste.

Er sei aber kein Grüner, sagt Alm, wiewohl er mit manchen ihrer Inhalte sympathisiere. In erster Linie würde er seinen Job machen. Und er würde ja auch für andere Parteien arbeiten. Auch für die FPÖ? „Nein.“ Und für Stronach? „Auch nicht.“

Ob er enttäuscht sei, dass die Grünen sein Volksbegehren nun nicht unterstützen? Alm denkt lange nach. „Gute Frage.“ Aber eigentlich sei er nicht enttäuscht, es sei auch nicht anders zu erwarten gewesen. Wobei es viele Grünen-Funktionäre gebe, die das Volksbegehren mittragen würden. Die grüne Führung allerdings nicht. Was kaum verwundert: Parteichefin Eva Glawischnig ist der evangelischen Kirche sehr verbunden. Und Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner war früher Generalsekretär bei der Caritas.

Auf die Frage, ob er nun Atheist oder Agnostiker sei, antwortet Alm mit „im Zweifel Atheist“. Weihnachten feiert er trotzdem. „Das lasse ich mir nicht nehmen. Das ist mittlerweile eh fast schon ein säkularisierter Feiertag.“ Außerdem sei er ja kein „Anti-Traditionalist“. Er schätze wiederkehrende Bräuche und Feiertage, die dem Jahr eine Struktur geben würden. „Das ist wichtig – auch für mich.“ Viele gläubige Menschen dürften das ähnlich sehen.

Die Forderungen

Das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien verlangt hauptsächlich eine striktere Trennung von Kirche und Staat. Anerkannte Religionsgemeinschaften sollen dabei ihre „Sonderstellung“ im Staat verlieren. Das Begehren richtet sich aber allen voran gegen die katholische Kirche – oder besser gesagt gegen die Privilegien, die sie laut Initiatoren genießt. Subventionen sollen gestrichen, der Religionsunterricht in den Schulen soll abgeschafft werden. Außerdem soll ein Bundesgesetz zur Aufklärung „kirchlicher Missbrauchs- und Gewaltverbrechen“ verabschiedet werden. Das Konkordat, also ein Vertrag zwischen Österreich und dem Vatikan, der die kirchlichen Belange im Staat regelt, soll ebenfalls abgeschafft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2013)

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