Neuer Schuldenstand in Kärnten: Vier Milliarden

Neuer Schuldenstand Kaernten
Neuer Schuldenstand Kaernten (c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Die neue Koalition ist immer noch mit der Aufarbeitung der FPK-Vergangenheit beschäftigt. Etliche FPK-Vorzeigeprojekte sind bereits aus Geldgründen gestrichen.

Wien/Klagenfurt. Fast zwei Monate ist die Dreierkoalition in Kärnten im Amt und immer noch dominiert das Thema Vergangenheitsbewältigung: Am „Kassasturz“, der Klarheit über die finanzielle Lage des Landes bringen soll, wird noch gearbeitet. Und die ersten freiheitlichen Vorzeigeprojekte hat die mit Zweidrittelmehrheit agierende Koalition schon abgedreht.

Als Erstes hat Rot-Schwarz-Grün die Wahlkampfforderung der Sozialdemokraten umgesetzt und den Pflegeregress – also die Beteiligung der Kinder an den Pflegekosten der Eltern – wieder abgeschafft. Auch das „Müttergeld“ und das „Jugendstartgeld“ gibt es nicht mehr. Beides hatten die Freiheitlichen noch in Zeiten Jörg Haiders eingeführt, der Landeshauptmann hatte damals persönlich 100-Euro-Scheine an Mütter ohne Eigenpension verteilt.

„Wir wollen soziale Förderungen mit einem klaren Rechtsanspruch“, begründet die neue Finanzlandesrätin Gaby Schaunig (SPÖ) die Abschaffung. Im Gegenzug plane man eine Erhöhung der Wohnbeihilfe – und damit könne man wesentlich treffsicherer jenen helfen, die es wirklich brauchen.

Demnächst abgeschafft wird vermutlich auch der Zugang zu den Landestankstellen – auch das ein Erbe Haiders, der die Bevölkerung mit billigem Benzin versorgen wollte. Zuständig dafür ist aber gar nicht die Koalition, sondern Verkehrslandesrat Gerhard Köfer vom Team Stronach, in dessen Zuständigkeit die Tankstellen fallen. Die Tankstellen würden ein Defizit von zwei Millionen Euro erwirtschaften, so die Begründung Köfers für eine Schließung. Köfer hat schon mit einer anderen lieb gewonnenen Gewohnheit Schluss gemacht: Die Mitarbeiter der Straßenverwaltung dürfen nun die Gedenkstätte am Unfallort von Jörg Haider nicht mehr betreuen.

Die wesentlichen Projekte hat die neue Regierung aber noch nicht in Angriff genommen, denn vorher muss es Klarheit über die finanzielle Lage geben. Das Ergebnis des Kassasturzes soll Mitte Juni vorliegen, sagt Schaunig. In der Landesregierung wird kolportiert, dass der Schuldenstand von den derzeitigen 2,7 Milliarden Euro auf bis zu vier Milliarden anwachsen könnte. „Ich hoffe, dass wir nicht auf diese Summe kommen“, sagt Schaunig zur „Presse“. Unklarheiten gibt es vor allem deshalb, weil in der früheren Regierung die Ressortchefs Geschäfte bis 500.000 Euro in Eigenregie abschließen konnten. Die sich daraus ergebenden Verpflichtungen werden jetzt zusammengetragen.

„Es gibt viele Altlasten“, bestätigt Landesrat Wolfgang Waldner (ÖVP) der „Presse“. In seinem Ressort vor allem aus dem Bereich der Volkskultur, den er von FPK-Landesrat Harald Dobernig geerbt hat. Da gebe es mehrjährige Verträge, die man nun „behutsam angehen“ müsse. Klar sei jedenfalls, dass jetzt gespart werden müsse. Waldner, der neben der Kultur auch für Gemeinden, Wirtschaft und Tourismus zuständig ist, berichtet von zahlreichen Ansuchen auf Förderungen. „Wir sind dabei, die Erwartungen zu dämpfen. Die Verteilungspolitik kann nicht mehr weitergehen wie bisher.“

Eine wesentliche Rolle in der Landespolitik wird weiterhin die Staatsanwaltschaft spielen. Wohl nicht zufällig landete dort letzte Woche eine Anzeige gegen Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, dem mit Verweis auf interne Akten vorgeworfen wird, bei der Umfahrung St. Leonhard zu hohe Grundablösen bezahlt zu haben. Dörfler dementiert die Vorwürfe (siehe Interview). In den nächsten Monaten werden wohl noch mehr Akten ausgegraben werden.

Etliche Entscheidungen der Staatsanwaltschaft stehen unmittelbar bevor. In der „Connect“-Affäre – Firmen mit Landesaufträgen hatten an die FPK-Werbeagentur gezahlt – sind die Ermittlungen abgeschlossen, bei der BZÖ-Werbebroschüre auf Landeskosten liegt der Vorhabensbericht bei der Staatsanwaltschaft. Und auch die SPÖ muss noch zittern, ob gegen Schaunig und Landeshauptmann Peter Kaiser Anklage erhoben wird.

Auf einen Blick

Seit Ende März regiert Rot-Schwarz-Grün in Kärnten. Bis Juni will die Koalition die finanzielle Lage des Landes klären. Der Schuldenstand könnte mit bis zu vier Mrd. Euro höher sein als lange vermutet. Um zu sparen, hat die Regierung bereits einige FPK-Projekte wie das „Müttergeld“ gestoppt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2013)

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