Bucher: „Werden 300.000 Euro zahlen müssen“

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Bucher(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im Telekom-Prozess um Parteienfinanzierung dürfte das BZÖ unterliegen, im Streit mit Stronach aber siegen, sagt der Parteichef. Für die Wahl setzt er auf einen Umfragestopp und Zweitstimmen neben der ÖVP.

Die Presse: Auf Puls4 haben Sie kürzlich in einer Vorwahlsendung gekocht. Darüber hinaus gab es zuletzt kaum Schlagzeilen über Sie oder das BZÖ, jedenfalls keine positiven. Sind das schon erste Anzeichen für den Untergang bei der Nationalratswahl, den Meinungsforscher vorhersagen?

Josef Bucher: Auch in Kärnten war noch am Wahltag die Rede vom Untergang. Unser Ziel, den Einzug in den Landtag, haben wir aber deutlich erreicht.

Sie rechnen also fix damit, dass das BZÖ wieder in den Nationalrat kommt? Die Karmasin-Forschung und andere Institute sehen Ihre Partei zurzeit bei nur zwei Prozent.

Den Einzug schaffen wir sicher. Vorhersagen sind auch oft falsch und manipulativ. In anderen Ländern gibt es Modelle, wonach man einen Monat vor der Wahl keine Umfragen mehr publik macht. Da kann Österreich Anleihen nehmen.

Laut Market nennen weniger als zehn Prozent das BZÖ, wenn es um Wirtschaftskompetenz geht. Dabei ist das doch Ihr Hauptthema.

Ja, und das tut auch sehr weh, weil wir uns der Sache wirklich annehmen, ganz seriös. Kernthema ist die Steuersenkung, die durch einen schlankeren Staat leistbar werden soll.

Ihre Partei will eine Fair Tax: einen Einheitssteuersatz von 39 Prozent mit 11.000 Euro Freibetrag. Bezieher mittlerer Einkommen müssten damit aber mehr zahlen als jetzt – Ihre Klientel.

Nein. Kleinere und mittlere Einkommen würden enorm entlastet werden, dank des Freibetrags. Höchste Einkommen würden belastet werden. Zurzeit zahlen sie Sozialversicherungsbeiträge mit einem Deckelungsbetrag von 4000 Euro – egal, wie viel sie verdienen. Wir wollen keine Deckelung.

Knapp eine Million Euro BZÖ-Geld wurde vor dem Prozess um eine mögliche Parteienfinanzierung durch die Telekom 2006 gesperrt. Die Rede ist von Scheinrechnungen an die frühere BZÖ-nahe Agentur Orange. Kann sich Ihre Partei jetzt überhaupt noch einen echten Wahlkampf leisten?

Mehr als drei Millionen wollten wir für den Wahlkampf im Sommer bereit haben, vor allem für Plakate und Inserate, und die haben wir auch. Selbst ohne die Million.

Mit welchem Ergebnis rechnen Sie beim Telekom-Prozess?

Ich rechne immer mit dem Schlimmsten. Also damit, dass wir die über 300.000 Euro, die Orange erhalten hat, an die Telekom werden zahlen müssen. Es sind zwar keine Leute von damals mehr bei uns. Aber ich bin der BZÖ-Chef und muss das ausbaden.

Gilt das auch im Zusammenhang mit dem Schuldenstand des Landes Kärnten, den die neue rot-schwarz-grüne Regierung erst diese Woche mit 4,8 Milliarden Euro beziffert hat? Das Haider-BZÖ war bekanntlich hauptbeteiligt an der Schuldenexplosion.

Die Landesregierungen der Vergangenheit waren aber aus mehreren Parteien zusammengesetzt, Haider hatte ja nie die absolute Mehrheit. Und die Regierungen waren immer bestrebt, Kärnten aus einer wirtschaftlichen Randlage heraus zu entwickeln. Dafür waren viele Investitionen notwendig.

Das heißt, man hat also eh alles richtig gemacht?

Das sage ich nicht. Aber alles zu verurteilen, ist auch falsch.

Wie ist das im Fall der Hypo Alpe Adria? Die hat Haider ja für Prestigeprojekte und den Wahlkampf 2004 ausgeräumt, wie es heißt – und parallel hat er überbordende Haftungszusagen des Landes gegeben.

Aber nein, hätte ein Landeshauptmann die Bank ausgeräumt, wäre er doch sofort vor dem Richter gestanden. Wirkliche Haftungsgrenzen gibt es auch in anderen Bundesländern nicht, da sollte man ansetzen.

Am 1. Juli beginnt die Verhandlung am Handelsgericht wegen Ihrer Behauptung, Neo-Parteichef Frank Stronach habe Sie 2012 um 500.000 Euro kaufen wollen. Stronach hat Sie deswegen auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs sowie die Feststellung der Haftung für alle entstandenen Schäden geklagt. Das könnte teuer werden – oder?

Mittlerweile wissen acht Millionen Österreicher, dass sich Stronach die Politik zusammenkauft, wie er es eben braucht. Ich habe wiedergegeben, was ich erlebt habe. Was herauskommt, liegt letztlich beim Richter.

Noch vor dem Herbst will Stronach weitere Abgeordnete in sein Team Stronach holen. Befürchten Sie, dass nach sechs solchen Abgängen weitere BZÖ-Mandatare zu ihm wechseln? Etwa um Stefan Petzner gibt es entsprechende Gerüchte.

Ich habe es mir inzwischen abgewöhnt, die Hand ins Feuer zu legen. Aber ich gehe nicht davon aus.

Das steirische BZÖ hat soeben Gerald Grosz, einen Kritiker von Ihnen, auf Platz eins seiner Landesliste gesetzt. Sie haben ihm nach dem Grazer Wahldebakel noch den Rückzug nahegelegt. Ich nehme an, Sie sind nicht erfreut?

Das ist eine autonome Entscheidung der Landesgruppe. Ich bestehe nur darauf, dass ich meine Bundesliste allein zusammenstelle.

Mit welchen Namen?

Ach . . . (lacht).

Das Wahlrecht wollen Sie auch reformieren – mit einem Zweitstimmenmodus.

Indem wir dem Bürger anbieten, zum Beispiel die ÖVP als Partei, aber Josef Bucher als Politiker anzukreuzen, weil er ihn als Bürgerlichen gar nicht schlecht findet, könnte das wieder mehr Stimmberechtigte zum Wählen motivieren.

Und das würde Sie zufriedenstellen: ÖVP plus Bucher?

Das wäre zumindest eine Zweitstimme für das BZÖ und ein Mehr an Demokratie.

Was, wenn das BZÖ die notwendigen vier Prozent für den Wiedereinzug ins Parlament nicht schafft? Verlassen Sie dann die Politik?

Bevor ich Ihnen eine seriöse Antwort geben kann, muss ich erst darüber nachdenken.

Zur Person

Josef Bucher, 47, ist seit 2008 Klubchef und seit 2009 als Nachfolger Jörg Haiders Parteiobmann des BZÖ. Davor saß der ausgebildete Tourismusexperte und frühere Funktionär der Wirtschaftskammer Kärnten schon ab 2002 für die FPÖ und nach der Parteispaltung 2005 für das BZÖ im Nationalrat. Seit Mitte Mai ist er auf „Josef-Bucher-Tour“ durch ganz Österreich, um Stimmen für die Nationalratswahl zu gewinnen. Zuletzt machte Bucher im Burgenland Station.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2013)

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