Opposition: Zäsur für die Salzburger Sozialdemokraten

Walter Steidl
Walter Steidl(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Erstmals seit 1945 wird die SPÖ ab 19. Juni nicht in der Salzburger Landesregierung sein. Ein schwieriger Lernprozess. Walter Steidl will die SPÖ so schnell wie möglich wieder in Regierungsfunktion bringen.

Salzburg. Die Verhandlungen über die Dreierkoalition zwischen ÖVP, Grünen und dem Team Stronach sind in der Zielgerade, das Arbeitsprogramm der neuen Regierung ist fixiert. Bis Mittwoch sollen auch die Ressorts zwischen Schwarz, Grün und Gelb verteilt sein. Die noch amtierenden Regierungsmitglieder der SPÖ beginnen im Chiemseehof schon mit dem Packen. Am 19. Juni wird die neue Regierung angelobt, erstmals seit 1945 sind die Sozialdemokraten nicht dabei. Ein schwieriger Lernprozess. Nach dem Bekanntwerden des Finanzskandals hatten die Wähler die SPÖ am 5. Mai abgestraft: Gabi Burgstaller und ihr Team kamen nur noch auf 29 Prozent der Stimmen. Zu Koalitionsgesprächen wurde Burgstallers Nachfolger, Walter Steidl, von der ÖVP erst gar nicht mehr eingeladen. ÖVP-Chef Wilfried Haslauer peilte von Anfang an eine Zusammenarbeit mit den Grünen an und ließ die ungeliebte SPÖ links liegen.

Da es nun plötzlich nicht mehr so viele Posten und Mandate zu verteilen gibt, hat Steidl in den vergangenen Wochen alle Hände voll zu tun gehabt, die Genossen auf Linie zu bringen. Schließlich muss bei den neun noch verbliebenen Landtagssitzen der Ausgleich zwischen Frauen und Männern, zwischen erfahrenen und neuen Kräften und zwischen den Gauen geschafft werden. Bei einer recht schwierigen Sitzung am Freitagabend hat die Partei Steidls Personalliste für den Landtag abgesegnet. Landesrat Walter Blachfellner verzichtet auf sein Mandat, auch Gewerkschafter Walter Androschin muss zähneknirschend weichen. Der Lungau geht leer aus, dafür sind andere Bezirke mit mehreren Mandaten vertreten.

Unmut innerhalb der Partei

Das sorgt durchaus für Unmut in der krisengebeutelten Partei. Einige Personen, die jetzt für die SPÖ in den Landtag einziehen, sollen in zwei, drei Jahren auf ihr Mandat verzichten. „Ich will in den nächsten Jahren junge Kräfte fit machen, damit sie ein Mandat übernehmen“, sagt Steidl im Gespräch mit der „Presse“. Er will die Partei personell und inhaltlich erneuern. Planbarkeit ist ihm als Thema wichtig, auch Arbeit und leistbares Wohnen. Der Burgstaller-Nachfolger will die SPÖ öffnen und Leute ansprechen, die mitgestalten wollen, ohne gleich ein Parteibuch zu lösen. „Wir brauchen auch in der Partei eine stärkere Bürgerbeteiligung“, ist Steidl überzeugt.

Auf die neue Rolle in der Politik hat sich der Gewerkschafter in den vergangenen Wochen gedanklich vorbereitet. „Wir werden keine Opposition um der Opposition willen machen“, kündigt er eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Regierung unter Führung der ÖVP an. „Wir werden die Regierung bei guten Überlegungen unterstützen, bei schlechten kritisieren.“ Bei Themen, die den Sozialdemokraten wichtig seien, werde man versuchen, Partner in der Regierung zu finden. In der Sache will Steidl Konflikte austragen, das „Streithansltum“, das die Salzburger Politik in den vergangenen Monaten prägte, soll aber der Vergangenheit angehören.

Die Zäsur, von der Regierung in die Opposition zu wechseln und damit Macht, Posten, Geld und Informationszugänge einzubüßen, sorgt für einen interessanten Perspektivenwechsel. Steidl sieht Möglichkeiten, den Landtag in Salzburg zu stärken. So wünscht er sich, dass Parlamentarier uneingeschränkt Anfragen an Regierungsmitglieder stellen dürfen. Bisher bedurfte das bei Fragen innerhalb der Koalition der Zustimmung der jeweils anderen Partei. „Die Koalitionspartner haben sich gegenseitig geknebelt“, sagt Steidl im Rückblick. Er fordert auch eine stärkere Einbindung des Landtags bei den Budgetberatungen und den Budgetprogrammen der Landesfonds.

Steidls Ziel ist es, die SPÖ so schnell wie möglich wieder in Regierungsfunktion zu bringen. „Vielleicht schon nach der nächsten Wahl“, hofft er, der bisher übrigens nur geschäftsführender SPÖ-Chef ist. Am 5. Oktober soll Steidl beim Landesparteitag zum neuen Parteivorsitzenden gewählt werden.

Auf einen Blick

Bis Mittwoch soll die künftige Ressortverteilung in Salzburg klar sein. Bei der ÖVP werden neben Parteichef Wilfried Haslauer wohl Halleins Bürgermeister Christian Stöckl und der Agrarbeamte Josef Schwaiger zum Zug kommen, bei den Grünen Chefin Astrid Rössler, Landesbedienstete Martina Berthold und Anwalt Heinrich Schellhorn. Das Team Stronach wird den Spitzenkandidaten Hans Mayr in die Regierung schicken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2013)

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