Kopf: "Klassenkampf, Angriff auf die Wirtschaft"

Karlheinz Kopf
Karlheinz KopfDie Presse
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Im Interview rechnet ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf knapp vor dem ÖGB-Bundeskongress mit den Forderungen der SPÖ-Gewerkschafter nach neuen Steuern, mehr Urlaub und teureren Überstunden ab.

Wenn man die letzten 20 Aussagen von Klubobmann Kopf über den ORF Revue passieren lässt, könnte man zum Schluss kommen, dass das, was in Griechenland passiert ist, die Schließung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, für Sie auch eine Variante für Österreich wäre.

Karlheinz Kopf: Wenn man sich meine Aussagen anschaut, sind sie zwar sehr ORF-kritisch, aber immer mit einem Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk versehen. Ich kritisiere, dass die Verantwortlichen die Zeichen der Zeiten nicht rechtzeitig erkannt haben, und finde, dass der ORF keine heilige Kuh ist, der man immer so viel Futter zuführt, wie sie gerade verlangt. Das Gebot der Stunde lautet, nicht mehr zeitgemäße Kostenstrukturen zu bereinigen.

Sie werfen dem ORF vor, sich nicht zeitgemäß entwickelt zu haben. Nächste Woche findet der ÖGB-Bundeskongress statt. Wenn man sich die Mühe macht, die Forderungen durchzulesen, könnte man den Eindruck haben, eine Koalition zwischen SPÖ, die dem ÖGB ja durchaus nahesteht, und ÖVP ist fast nicht mehr möglich.

Der Leitantrag der Sozialdemokratischen Gewerkschafter ist ein Totalangriff auf den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich. Gespickt mit Klassenkampf an allen Ecken und Enden. Ich frage mich, was die Herrschaften treibt.

Was erregt Sie so sehr?

Explizit die Forderungen nach Verkürzung der Arbeitszeit, Erhöhung des Urlaubsanspruches, Ausdehnung der bezahlten Freistellungsansprüche und die Verteuerung von Überstunden, also eine Strafe für die Arbeitgeber. Vielleicht ist es den Damen und Herren entgangen, aber wir haben ein Fachkräfteproblem, das uns hindert, unsere Potenziale voll auszuschöpfen und eine kleine Wachstumsbremse da und dort in einzelnen Branchen darstellt. Diese behebt man ja wohl nicht, indem man die Arbeitszeit verkürzt und das Problem vergrößert. Das Nächste sind die Steuerfantasien, von Wertschöpfungsabgabe über die Vermögensteuer bis hin zur Erbschafts- und Schenkungssteuer. Es gibt kein internationales Beispiel für einen Zusammenhang zwischen Vermögensteuer und mehr Gleichheit in einem Land – Norwegen und Frankreich haben Vermögensteuern und trotzdem eine ungleichere Vermögensverteilung als wir.

Gut, das kann historische Gründe haben.

In einem Land mit 44 Prozent Steuerabgaben überhaupt über zusätzliche Besteuerungen nachzudenken und die Arbeit weiter mit Zusatzabgaben belasten zu wollen, das ist Jobvernichtung. Kein Mensch scheint mehr bereit zu sein, über Leistungsgerechtigkeit zu reden. Alle reden nur noch vom Verteilen, Verteilen, Verteilen.

Bei einem Punkt ist die Gewerkschaft zumindest in der Formulierung weich: Die sechste Urlaubswoche muss für alle Arbeitnehmer leichter erreichbar sein. Das ist ziemlich harmlos, die SPÖ hat sich davon eigentlich verabschiedet.

Mag schon sein, aber da kommt schon ein weiterer Punkt hinzu. Das ist die Aufrechterhaltung der Philosophie der Siebzigerjahre, dass Staatsbetriebe oder der öffentliche Dienst Instrumente der Arbeitsmarktpolitik sein sollen und wir daher Schluss machen sollen mit dem Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst. Effizienz und hohe Produktivität sind ein Gebot für alle Bereiche, wo Menschen arbeiten. Letztendlich muss das immer jemand bezahlen, entweder der Kunde oder der Steuerzahler. Es kann nicht sein, dass ein Sektor ausgenommen ist. Diese verfehlte Philosophie hat in der Vergangenheit schon einige Staatsunternehmen und ganze Staaten ruiniert. Dazu kommt dann auch noch die Forderung nach einer Abkehr von Preisstabilität, Liberalisierung und Deregulierung, also von Elementen, die die Wirtschaft stärken und fit halten. Zu guter Letzt wird dann auch noch verneint, dass es eine Staatsschuldenkrise gibt. Viele Staaten haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt, das müssen die Steuerzahler jetzt ausbaden.

Dies führt mich zurück zur Frage – der ÖGB ist ja nicht irgendwer, der steht der SPÖ doch etwas sehr nahe. Wie kann nach der Herbstwahl eine Koalitionsregierung gebildet werden?

Es hat wenig Sinn, zum jetzigen Zeitpunkt fiktive Koalitionsverhandlungen zu führen. Jetzt ist die Zeit der Darlegung der unterschiedlichen Positionen der Parteien.

Das verstehe ich. Aber weil Sie so vehement dagegen sind: Können Sie sagen, dass es mit einem Karlheinz Kopf in maßgeblicher Position Dinge wie Schenkungssteuer, Vermögensteuer nicht geben wird?

Da mache ich sicher nicht mit. Der eigentliche Auftrag heißt: Entlasten von Steuern, Arbeitskosten senken, Bürokratie abbauen, Energiekosten senken, Arbeitszeiten flexibilisieren, Innovationskräfte stimulieren.

Ein Punkt ist noch interessant: Im ÖGB-Papier ist deutlich eine totale Ablehnung jeglicher Privatisierung fixiert. Von der ÖVP hört man da auch nicht mehr viel. Ist das Thema, bei Telekom, Post endgültig alle Staatsanteile abzugeben, noch auf dem Tisch?

Privatisierung bleibt oben auf der ÖVP-Agenda. Überall, wo es nicht aus ökonomischen oder politischen Gründen notwendig ist, dass der Staat seine Finger drin hat, sollen das Private machen. Aber für jeden Privatisierungskandidaten braucht es ein maßgeschneidertes Konzept und gibt es den richtigen Zeitpunkt.

Ist eine ORF-Privatisierung wünschenswert?

Das ist nicht realistisch. Wie sollte das ausschauen?

Es gibt immer wieder Fantasien, ORF eins zu privatisieren.

ORF eins ist ja einem Privatkanal sehr ähnlich, daher nehme ich an, dass es dafür schon Interessenten gäbe, wenn diese nicht auch die anteiligen Kosten des Küniglbergs mitnehmen müssten. Das wiederum würde aber die Kostenstruktur des ORF noch weiter verschlechtern. Man kann den ORF auch mit zwei Vollprogrammen und den Spartenkanälen wirtschaftlich führen, im Sinne von Auskommen mit den nicht so knapp bemessenen Mitteln. Man muss allerdings das Unternehmen einer Totalreform unterziehen. Da warte ich noch immer auf ein ambitioniertes Konzept.

Steckbrief

2008
Seit Beginn der heuer im Herbst zu Ende gehenden Legislaturperiode, konkret seit dem 25.November 2008, ist der am 27.Juni 1957 in Hohenems geborene Karlheinz Kopf ÖVP-Klubobmann im Parlament und Mediensprecher seiner Partei. Dem Nationalrat gehört der Vorarlberger seit November 1994 an. Kopf ist in der rot-schwarzen Koalition vielen in der SPÖ wegen seiner offenen Kritik an den Sozialdemokraten ein Dorn im Auge.

2000
Politisch war Kopf von 2000 bis 2008 als Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes aktiv. Zuvor war er ab 1985 insgesamt 14 Jahre lang Gemeindevertreter im Vorarlberger Altach. Beruflich war Kopf bei der Sportbau Walser, bei Hubert Tricot und Wolford tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2013)

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