Dönmez beugt sich der Parteispitze

Doenmez beugt sich Parteispitze
Doenmez beugt sich Parteispitze(c) Michaela Bruckberger
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Nach einer Aussprache mit Parteichefin Eva Glawischnig nimmt der oberösterreichische Abgeordnete seine umstrittenen Aussagen zurück. Ein Parteiausschluss ist damit vom Tisch.

Wien/Linz. Am Ende ließ er es dann doch nicht darauf ankommen. Efgani Dönmez, grüner Bundesrat aus Oberösterreich, hat seine umstrittenen Aussagen – Austrotürken, die mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan sympathisieren, sollten umgehend in ihre alte Heimat abgeschoben werden – zurückgenommen.

Ein Parteiausschluss ist damit vom Tisch. Bundessprecherin Eva Glawischnig zeigte sich über Dönmez' Klarstellung erfreut. Sie habe Verständnis, dass die Debatte um das gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Demonstranten Emotionen auslöse. Dennoch gebe es eine Grenze, die in einer Demokratie gegenüber Andersdenkenden nicht überschritten werden dürfe. „Die zu verurteilende Unterdrückung von Meinungsfreiheit durch die türkische Regierung kann keine Rechtfertigung für solche Aussagen sein“, stellte Glawischnig klar.

Beinahe wortident reagierte die Landessprecherin der oberösterreichischen Grünen, Maria Buchmayer. Sie hatte Dönmez mit weitreichenden Konsequenzen gedroht, wenn er sich nicht entschuldige. Für Montag war eine Sitzung des Landesparteivorstandes zur Causa prima anberaumt gewesen. Mit seiner Klarstellung habe der Abgeordnete nun „die notwendigen Schritte für eine gemeinsame Weiterarbeit gesetzt“, meinte Buchmayr.

„Keine Position der Grünen“

Via Aussendung hatte Dönmez zuvor eine „Grenzverletzung“ eingeräumt. Die Abschiebung von Andersdenkenden könne niemals eine Position der Grünen sein, so der 36-Jährige. „Ich bedaure daher, dieses Bild verwendet zu haben und nehme es zurück.“

Er habe lediglich aufzeigen wollen, „dass konservative Gesellschaftsentwürfe eines politisierten Islams, welche unseren Grundwerten zuwiderlaufen, in Österreich keinen Platz haben dürfen“. Erdoğans Vorgehen gegen die Demonstranten in Istanbul verurteilte Dönmez erneut. Als türkischstämmigen Österreicher bewegten ihn die Ereignisse eben „sehr stark“.

Mit diesem Rückzieher hat sich Dönmez schließlich dem Druck der Parteispitze gebeugt. Glawischnig soll ihm in einem persönlichen Gespräch ein Ultimatum gestellt haben. Zum einen, weil Dönmez' nicht zum ersten Mal eine Position vertritt, die dem grünen Parteiprogramm widerspricht. Vor einigen Jahren hatte er zum Beispiel gefordert, dass kriminelle Asylwerber schneller abgeschoben werden.

Zum anderen, weil internes Ungemach dreieinhalb Monate vor der Nationalratswahl den Aufwärtstrend der Grünen aus den heurigen Landtagswahlen bremsen können. Und zum Dritten, weil Dönmez generell zur Provokation neigt, nicht nur in inhaltlichen Debatten. Die Frage, ob Frauen bei den Grünen bevorzugt würden, beantwortete er zum Leidwesen seiner Parteikolleginnen einmal so: „Brüste zu haben reicht als Qualifikation nicht aus.“

Dass man Druck auf Dönmez ausgeübt hätte, wollte Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner am Mittwoch allerdings nicht bestätigen. Es hätte einige Aussprachen mit Glawischnig und Buchmayer gegeben. Dabei habe man Dönmez den „Unterschied zwischen flapsigen Formulierungen und inhaltlichen Positionen“ noch einmal verdeutlicht. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Mit der öffentlichen Relativierung „ist die Sache jetzt erledigt“, sagte Wallner zur „Presse“.

Lob von der FPÖ

Lob bekam Dönmez einmal mehr von unerwarteter Seite. Er habe – ursprünglich – „auf erfrischende Art und Weise gesagt, was sich viele denken“, zollte ihm der Klubobmann der Wiener FPÖ, Johann Gudenus, am Rande einer Klubklausur Respekt. Die Bundes-FPÖ hatte Dönmez sogar politisches Asyl angeboten – wohl auch, um die Grünen zu provozieren.

Sein Mandat hätte der oberösterreichische Abgeordnete übrigens auch dann nicht verloren, wenn er aus der Partei ausgeschlossen worden wäre. In der Geschäftsordnung des Nationalrats ist eine Abwahl von Bundesratsabgeordneten (die von den Landtagen entsandt werden) nicht vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2013)

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