Ausländer: Die SPÖ steckt im Dauerdilemma

Auslaender SPoe steckt Dauerdilemma
Auslaender SPoe steckt Dauerdilemma(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Bei Asyl und Zuwanderung will die Kanzlerpartei eine Wählerabwanderung zur FPÖ verhindern. Dieser Kurs bereitet den Linken in der SPÖ und vor allem den Jungen massives Bauchweh.

Der neuerliche Anstieg der Arbeitslosenzahlen war zwar eine alles andere als erfreuliche Nachricht. Für die SPÖ hatte dies am Donnerstag aber aus parteipolitischer Sicht den Vorteil, dass die Meldungen den Fokus zurück auf ihr Schwerpunktthema im Nationalratswahlkampf, den Kampf um Arbeitsplätze, lenkten. Das stellte auch die SPÖ-internen Differenzen um die Ausländerpolitik in den Schatten, die jetzt einmal mehr um die Abschiebungen von früheren Votivkirchen-Aktivisten nach Pakistan zutage getreten waren.

Die Fronten sind dabei seit Jahren in der Ausländer– und Migrationspolitik die gleichen: Die Parteiführung stellt sich letztlich hinter die restriktive Linie des vom Koalitionspartner ÖVP geführten Innenministeriums. Dieser Kurs bereitet den Linken in der SPÖ und vor allem den Jungen massives Bauchweh.

Gratwanderung seit 20 Jahren

Für die SPÖ ist es ein ständiger Spagat. In der Asylfrage war einmal mehr Oberösterreichs SPÖ-Chef, Josef Ackerl, der schon öfter Kritik an der Arbeit der Bundes-SPÖ unter Bundeskanzler Werner Faymann geübt hat, das Sprachrohr jener, die gern einen liberaleren Kurs in der Asyl- und Zuwanderungspolitik sehen würden.

Aber nicht nur er stieß sich daran, dass sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos und Faymann bei den Abschiebungen nun im Wahlkampf mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) solidarisiert hatten. Auch der SPÖ-Studentenverband und die Jusos machten ihrem Unmut Luft: Für die SPÖ gelte es, sich für ein „menschliches Asylrecht“ starkzumachen.

Die SPÖ kämpft seit dem steigenden Zustrom von ausländischen Zuwanderern nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 und der Aufnahme von Flüchtlingen mit einem strategischen Problem. Mit Blick auf Arbeitnehmer, die durch mehr Ausländer um Arbeitsplätze fürchteten, aber auch auf rote Kernwählerschichten in den Gemeindebauten, steht die SPÖ-Spitze seit gut 20 Jahren bei einer allzu liberalen Integrationspolitik auf der Bremse. Das Kalkül dahinter war, wie auch jetzt bei den Abschiebungen nach Pakistan: Die SPÖ kann damit rechnen, dass der Großteil der Bevölkerung diese Linie gutheißt. Sie will ein Abwandern von Wählern zur FPÖ verhindern, auch wenn sie gleichzeitig welche an die Grünen verliert.

Mit einem derartigen Kurs versuchte die SPÖ schon Anfang der 1990er-Jahre unter dem damaligen Innenminister Franz Löschnak, eine Antwort auf die unter Jörg Haider aufstrebende FPÖ, die bei den Wahlen zulegte, zu geben. Mit einem Aufenthaltsgesetz sollte der Zuzug nach Österreich in geregelte Bahnen gelenkt werden. Allerdings kamen von der FPÖ seither stets Forderungen nach noch strengeren Maßnahmen bis zu einem Zuwanderungsstopp. Der Nachteil der Strategie: Auf der linken Seite verlor die SPÖ an die Grünen. Diese ließen keine Gelegenheit aus, der SPÖ das Lavieren in der Ausländer- und Asylpolitik unter die Nase zur reiben.

Sorge um Arbeitsplätze

Wie schwer sich die SPÖ mit dem Thema tut, zeigt sich an der Forderung nach der Beschäftigung von Asylwerbern. Vorerst wurde die Frage in eine parteiinterne Arbeitsgruppe verräumt. Bei der EU-Ostöffnung hatte die SPÖ zuvor unter Druck der starken Gewerkschafter und der Arbeiterkammer auf möglichst langes Ausschöpfen der Übergangsfristen für den Zugang zum Arbeitsmarkt gepocht.

Eine Schwierigkeit im Umgang mit schon in Österreich befindlichen Ausländern ist geblieben. Bereits Löschnak erhoffte sich eine rasche Integration jener, die aufgenommen werden. Gelungen ist das nur bedingt. 2013 bereitet die Integration selbst von lange in Österreich befindlichen Ausländern nach wie vor Kopfzerbrechen.

Heikel blieb das Thema für die SPÖ in all den Jahren. Mit den von der schwarz-blauen Regierung 2002/03 fixierten Integrationsvereinbarungen, die für Zuwanderer unter anderem Deutschkurse vorschrieben, hatte die SPÖ als Oppositionspartei keine Freude. Mittlerweile wurden die Voraussetzungen unter dem Motto „Deutsch vor Zuzug“ von der SPÖ-ÖVP-Regierung auf Drängen der ÖVP verschärft.

Von der SPÖ sind auch Verschärfungen des Asylrechts mitgetragen worden. Das erfolgte meist mit dem Argument der SPÖ, dass zuvor – etwa bei der Einführung der Anwesenheitspflicht von Asylwerbern in den Erstaufnahmezentren – noch strengere, weitreichendere Vorschläge von ÖVP-Innenministerinnen entschärft wurden. Ausdruck des Protests war, dass dann mitunter einzelne SPÖ-Abgeordnete im Parlament nicht mitstimmten. Goutiert wurde das Ausscheren nicht: Eine, die Oberösterreicherin Sonja Ablinger, muss um ihren Wiedereinzug ins Parlament im Herbst bangen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2013)

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