Töchterle: "In der ÖVP ist auch für Schwächere Platz"

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Toechterle oeVP auch fuer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle spricht mit der "Presse am Sonntag" über Werte in der Politik, die gefährliche Verdammung der etablierten Parteien und die Wirkung von Frank Stronach.

Das Forum Alpbach stellt in diesem Jahr die Werte ins Zentrum der Diskussionen, mit Frank Stronach baut ein Politiker seine ganze Partei rund um seine Werte auf. Warum ist das Thema so aktuell? Sind die Menschen wieder verstärkt auf der Suche nach Werten, an denen sie sich orientieren können?

Karlheinz Töchterle: Das Thema ist immer aktuell. Seit es in Europa Texte gibt, die man lesen kann, befassen sich die Menschen damit – manchmal eher implizit, dann wieder explizit. Wobei es früher eher die Suche nach dem Guten war, weil man annahm, dass es das Gute gebe. Die Zahl der Menschen, die daran glauben, dass es das transzendent Gute gibt, hat – zumindest in der westlichen Welt – laufend abgenommen.

Gibt es in einer globalisierten Welt überhaupt noch allgemein gültige Maßstäbe, von denen wir erwarten können, dass alle an ihnen ihr Handeln ausrichten?

Die Moderne und, mehr noch, die Postmoderne haben sicher zu einer Fragmentierung geführt. Vieles ist aber auch konstant geblieben: Uralte Werte wie jener der Gerechtigkeit, den manche in seinen Wurzeln der jüdischen Kultur zuschreiben, während sie dem Christentum eher die Liebe zuschreiben. Für mich ist vor allem spannend, dass sich weniger die Werterelativisten als vielmehr die Absolutierer der Werte durchgesetzt haben, beginnend mit Plato.

Haben Sie in der Politik die Werte, die Ihnen wichtig sind, wiedergefunden? Man denke an die zahlreichen Strafprozesse der vergangenen Monate.

Schwarze Schafe gab es immer. Ich denke da nur an die Skandale und Verurteilungen, die die SPÖ in den 1980er-Jahren durchzustehen hatte. Ich will nicht kleinreden, was passiert ist. Aber diese stärkere Verdammung der Politik insgesamt, die derzeit von Medien und Teilen der Öffentlichkeit betrieben wird, die halte ich für sehr gefährlich.

Bloße Medienkritik greift da wohl zu kurz. Bei der Nationalratswahl treten Parteien mit dem expliziten Versprechen an, anders als die bestehenden Altparteien zu sein. Und sie scheinen damit nicht ganz erfolglos.

Wenn Frank Stronach jünger, charismatischer und argumentationsstärker wäre, würde sein Appell sicher noch mehr Menschen ansprechen, das ist richtig. Das ständige Niederschreiben und Niederreden der bestimmenden, etablierten Parteien lässt aber außer Acht, dass auch sie für wichtige Werte stehen, die sie ganz ohne Hintergedanken vertreten.

Welche Werte stehen für Sie ganz persönlich bei der ÖVP im Zentrum?

Ganz sicher die Freiheit, die Selbstverantwortung des Menschen, die Leistung. Darin besteht auch der große Unterschied zur SPÖ. Die ÖVP traut dem Einzelnen mehr Verantwortung zu und vertraut darauf, dass er damit richtig umgeht. Die SPÖ will stets die staatliche Komponente stärker ins Spiel bringen.

Gelingt es der ÖVP im Wahlkampf, die Menschen mit dieser Betonung von Freiheit und Eigenverantwortung anzusprechen?

Die Leistungsbereiten, die Fähigen und Willigen sicher. Natürlich hat auch die ÖVP ihren Wertekanon im Christlich-Sozialen. Es ist bei uns also auch für Schwächere ausreichend Platz.

Ist es denn der ÖVP – denken wir etwa an die Vorkommnisse rund um die pakistanischen Asylwerber – zuletzt noch gelungen, diese christlich-soziale Seite zu zeigen?

Ich habe den Fall nicht im Detail verfolgt. Aber die Innenministerin hat mir versichert, auf Basis der Gesetze gehandelt zu haben. Das muss sie ja auch.

Sie wollen auch künftig nicht ÖVP-Mitglied werden, treten aber nochmals bei der Wahl an. War die Entscheidung schwierig?

Ich habe mich dafür entschieden, weil ich noch einige Dinge erledigen will – etwa den Ausbau der Studienplatzfinanzierung. Und dann bin ich, obwohl mitunter medial stark kritisiert, mit positiven Beliebtheitswerten bei den Menschen ausgestattet. Ich fühle mich daher verpflichtet, aber auch sehr motiviert, die ÖVP zu unterstützen, damit sie einen Wahlsieg erringt.

Steckbrief

Karlheinz Töchterle
ist seit April 2011 Wissenschaftsminister für die ÖVP, wenn auch nicht Parteimitglied. Der 64-jährige Altphilologe war zuvor Rektor der Uni Innsbruck. Er will nach der Wahl wieder Minister werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2013)

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