Chronik eines „Postenschachers“ im AMS

Chronik eines „Postenschachers“ im AMS
Chronik eines „Postenschachers“ im AMS(c) Clemens Fabry
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Eine Zeugenaussage belastet Minister Hundstorfer. „Meine Berufskarriere wurde ruiniert.“ protestiert die verhinderte AMS-Chefin Friehs.

Wien. „Das war eine rechtswidrige Entscheidung, die politisch motiviert war.“ Ingeborg Friehs, die im Vorjahr bei der Neubesetzung des Chefpostens im Arbeitsmarktservice (AMS) Wien als Bestgereihte nicht zum Zug gekommen ist, sieht sich im Gespräch mit der „Presse“ durch Zeugenaussagen vor Gericht bestätigt. Friehs (54), die 18 Jahre lang stellvertretende Wiener AMS-Chefin war, hatte eine Schadenersatzklage über 230.000 Euro gegen das AMS und die Republik Österreich eingebracht. „Im Grund genommen haben die, die das zu verantworten haben, meine berufliche Karriere ruiniert.“ Das Protokoll der Zeugenaussagen beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom Juni, das der „Presse“ vorliegt, weist auf massive politische Einflussnahme durch das Sozialministerium Rudolf Hundstorfers (SPÖ) und die Stadt Wien hin, damit Friehs nicht bestellt wird. „Es hat immer geheißen, das Land und der Minister wollen sie nicht“, erklärte Claudia Finster, die bis Mitte 2012 Wiener AMS-Geschäftsführerin war.

Hundstorfer hat politische Einflussnahmen immer bestritten. Er bleibt dabei: Der Minister verwies am Montag auf eine parlamentarische Anfrage aus dem Vorjahr, wonach er nicht interveniert habe. Sonst wolle er ein laufendes Verfahren nicht kommentieren, teilte sein Büro mit.

Faktum ist: Hundstorfer hat im Juni 2012 entschieden, dass Petra Draxl, Abteilungsleiterin im Sozialressort und Dritte aus dem Kandidatentrio, die Wiener AMS-Leitung übernimmt. Im sozialpartnerschaftlich besetzten AMS-Verwaltungsrat war eine Entscheidung nach Einwänden der Arbeitnehmervertreter gegen Friehs offen geblieben.

Das Protokoll, über das auch der „Kurier“ berichtet hat, liefert bemerkenswerte Einblicke in die Vorkommnisse um die Besetzung von Spitzenposten. Unternehmensberater Franz Heiml, der mit einem vergleichenden Gutachten der Bewerber beauftragt war, bekräftigt, dass er bei einer mündlichen Präsentation Friehs „aufgrund ihrer Erfahrung“ an „erster Stelle gereiht“ habe.

Finster berichtete, dass der Chef des AMS-Verwaltungsrates, Stefan Potmesil, zugleich Spitzenbeamter in Hundstorfers Ministerium, gleich drei Mal bei ihr vorstellig geworden ist, nämlich vor der Bewerbung von Friehs und noch im laufenden Verfahren, „dass ich auf die Klägerin einwirken muss“, sich nicht zu bewerben und dann die Bewerbung zurückzuziehen. Nachsatz laut Protokoll: „Er hat darauf hingewiesen, dass der Minister sie jedenfalls nicht haben will.“

In weiterer Folge sei sie mit „Klagen eingedeckt“ worden, das Verfahren sei aber eingestellt worden. Sie habe sich auch „persönlich unter Druck gesetzt gefühlt“.

„Immer wieder Ansinnen Brauners“

Als Grund nennt Finster in der Aussage auch Einflussversuche vonseiten der Stadt Wien. Dabei sei es um den AMS-Finanztopf gegangen: „An diesen sind inbesondere seitens der Vizebürgermeisterin Brauner (Renate, SPÖ, Anm.) immer wieder Ansinnen gekommen, dass man der Wiener SPÖ dort Möglichkeiten einräumen sollte.“ Brauner hat Interventionen stets dementiert.

Klägerin Friehs selbst erklärte laut Protokoll bei der Zeugeneinvernahme, Hundstorfer habe ihr schon vor der Bewerbung erklärt: „Oje, das wird nicht gehen. Die Gemeinde Wien will dich nämlich nicht.“ Potmesil habe ihr gesagt: „Ich verhandle immer noch, um dich zu verhindern.“

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner (ÖVP) fordert im Gespräch mit der „Presse“ volle Aufklärung: „Das ist ein rotes Postenschacher-Karussell, das muss ein Ende haben.“ Der „zweite Skandal“ sei, dass Brauner offenbar Druck gemacht habe, damit „Geld in Richtung Rotes Wien fließt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2013)

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