Zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute traten aus der Landespartei aus. In Kärnten ist eine mögliche Abspaltung "nicht vom Tisch". Eine "Krisensitzung" mit der Bundespartei endete ergebnislos.
Das Chaos im Team Stronach erreicht eine neue Stufe: Die Vorarlberger Partei steht vor der Auflösung. Denn zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute - folglich der gesamte Vorstand bis auf Landesgruppenobmann Christoph Hagen - traten nach einer Landessitzung am Dienstagabend geschlossen von ihren Funktionen zurück und aus der Partei aus. "Wir sind sehr enttäuscht von Frank Stronach und von Christoph Hagen", so der bisherige Vize-Obmann und Finanzreferent Siegmund Buocz. Das Landesbüro werde geschlossen, bei der Landtagswahl 2014 werde man nicht antreten.
Der Landessitzung am Dienstagabend war Hagen ferngeblieben, was den Vorarlberger Parteifreunden sauer aufstieß. "Er hat sein Ziel erreicht und kassiert weiter seinen monatlichen Sold von 8000 Euro. Wir sind für ihn gelaufen, weil wir an die Ziele glaubten. Ihm aber ist es nie um die Sache gegangen. Unser Vertrauen wurde schamlos missbraucht", so Buocz. Die Teams im Burgenland und in Tirol seien "in der selben Situation wie wir", auch wenn darüber noch nicht gesprochen werde. Er sei sicher, dass in Vorarlberg weitere Austritte folgen werden.
Hagen beharrte am Mittwoch darauf, dass die Partei bestehen bleibe. Die Landesgruppe werde zunächst von Wien aus betreut. "Man muss jetzt erst einmal schauen, wer weiter mitarbeiten möchte. Es ist ja nicht so, dass alle Mitglieder gegangen sind." Die Sitzung der Landesgruppe am Dienstagabend sei "ein abgekartetes Spiel" gewesen, "eine kleine Racheaktion des Landesgeschäftsführers", erklärte Hagen. Der Großteil der nach außen gelangten Informationen stimme nicht. Der Mietvertrag für die Landesgeschäftsstelle in der Dornbirner Marktstraße laufe bis Februar. Bis dahin wolle man weiter an einzelnen Tagen geöffnet haben, danach werde sich eine "weniger prominente Lösung" finden.
Kärntner Abspaltung "nicht vom Tisch"
Auch in Kärnten, Salzburg und Niederösterreich sowie in der Bundespartei gab es in den vergangenen Tagen personelle Umbauten. Diese, wie auch die Austritte in Vorarlberg, waren am Mittwoch Thema bei der "Krisensitzung" des neu gegründeten "Bundesdirektorium" in Oberwaltersdorf - zumindest hätten sie das sein sollen. In einer Sitzungspause erklärte Kärntens abgesetzter Landesparteichef Gerhard Köfer, dass eine von ihm in Erwägung gezogene Abspaltung der Landesgruppe "noch nicht vom Tisch" sei. Er erwarte sich klare Zugeständnisse, die Frist sei dieses Wochenende.
Dazu sollte es aber nicht mehr kommen: Denn die Sitzung wurde kurz darauf unerwartet beendet. Die neue Vize-Parteiobfrau und Klubobfrau im Parlament, Kathrin Nachbaur, verließ das Areal in Oberwaltersdorf, weil sie einen "dringenden Termin" habe - ursprünglich hatte geheißen, man wolle "open end" diskutieren.
Köfer zeigte sich nach dem abrupten Diskussions-Aus "wenig überrascht über die Art, wie man mit einem Problem umgeht". Er fahre nun "nach Hause mit keiner Entscheidung". Auch einen neuen Termin mit Nachbaur habe er nicht.
Drei Jahre nach der Gründung des Team Stronach ist in der jungen Partei das Chaos ausgebrochen. Milliardär Frank Stronach baute seine Partei kräftig um, in den Landesorganisationen regt sich Widerstand und nun verliert der Magna-Gründer auch noch seine "rechte Hand", alias Kathrin Nachbaur. Ein Überblick über das große Köpferollen. (c) APA
Zuerst traf es Klubchef Robert Lugar (Bild). Er musste seinen Posten für Stronachs Vertraute Kathrin Nachbaur räumen. Auch aus dem Vorstand wurde er geworfen. Zuerst sollte Lugar mit dem Job des Generalsekretärs vertröstet werden, wird nun aber doch nur einfacher Abgeordneter.Auch von Wahlkampfleiter Tillmann Fuchs trennte sich die Partei. (c) APA
Im Mai 2013 war Elisabeth Kaufmann-Bruckberger als Landesparteiobfrau Niederösterreichs eingesetzt worden, zwei Tage nach der Wahl musste sie ihren Posten schon wieder räumen. Ihre Nachfolgerin ist Renate Heiser-Fischer, eine Angestellte der Stronach-Group. (c) APA
Der Kärntner Landesparteiobmann Gerhard Köfer (Bild) wurde am 2. Oktober 2013 abgesetzt. Als neuer Landeschef wurde Siegfried Schalli eingesetzt - lange hielt er sich aber nicht.Am 14. Oktober dann die nächste Änderung: Das neu gegründete Bundesdirektorium des Team Stronach wählte Andrea Krainer als neue Landesparteiobfrau für Kärnten. (c) APA
Am selben Tag wie Köfer, also am 2. Oktober, wurde auch der Salzburger Obmann Hans Mayr abgesetzt. Der Landesrat hatte Frank Stronach kurz zuvor aufgrund überraschender Personalrochaden das Fehlen einer Basisdemokratie innerhalb der Partei vorgeworfen. Mayrs Nachfolgern wurde der Landtagsabgeordnete Helmut Naderer. (c) APA
Am 8. Oktober erreichte das Chaos Vorarlberg: Nach einer Landessitzung traten zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute - folglich der gesamte Vorstand bis auf Landesgruppenobmann Christoph Hagen (Bild) - geschlossen von ihren Funktionen zurück und aus der Partei aus. Zuvor waren Berichte aufgetaucht, wonach das Team künftig von Wien aus geführt werden könnte. Hagen sieht aber "das letzte Wort noch nicht gesprochen". (c) APA
Im November 2013 der nächste Streich: Die Bundespartei schloss das Büro in Tirol, die Landespartei unter Walter Jenewein spaltete sich ab. Im selben Monat legte Monika Lindner (Bild) ihr Mandat zurück, Ex-Miss World Ulla Weigerstorfer folgte und sorgte für einen Kopf mehr im Parlamentsklub.
Am 29. November schloss der Bundesparteivorstand Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Ernest Gabmann wegen parteischädigenden Verhaltens aus. Diese gründen daraufhin das "Team NÖ" aus dem Kaufmann-Bruckberger wenige Monate später zurücktrat. Der Grund: Sie hatte zugegeben, bei einem Immobiliendeal zwischen Kärnten und dem ÖGB bzw. der Bawag über 700.000 Euro bekommen und an das damalige BZÖ weitergeleitet zu haben. APA/ROLAND SCHLAGER
Am 18. November erreichten die Spannungen einen neuen Höhepunkt: Klubchefin Kathrin Nachbaur ging mit ihrer Schwangerschaft an die Öffentlichkeit und richtete am selben Tag ein Schreiben an den Vorstand, dass sie die Partei verlässt. Die Agenden der Klubchefin übernahm Waltraud Dietrich. Wolfgang Auer (Bild) wurde Vizechef der Partei - bald aber sollte er via Aussendung von seiner Ablösung als ebensolcher erfahren. APA/HELMUT FOHRINGER
Am 3. Juni 2015 gaben die Abgeordneten Georg Vetter und Marcus Franz ihren Übertritt in den Parlamentsklub der ÖVP bekannt. Der Klub des Teams Stronach schrumpfte damit auf neun Abgeordnete. 21 Tage später beschloss der Bundesparteivorstand die Abberufung von Leo Steinbichler als Chef der oberösterreichischen Landespartei, weil sich dieser "permanent über sämtliche Vorgaben der Bundespartei hinweggesetzt hat". APA/HANS KLAUS TECHT
Der bisher letzte Paukenschlag erklang am 1. August 2015: Mit Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger verließen zwei weitere Abgeordnete das Team Stronach Richtung ÖVP - damit besteht der Klub lediglich mehr aus sieben Abgeordneten. ÖVP-Klub
Der Milliardär wird aber ins Parlament einziehen, betont die Vize-Obfrau. Wie genau der Rückzug aussehen soll, ist offen. Die Partei meldet eine Stronach-Spende von 3,6 Millionen Euro.