Fischer erteilt Faymann Auftrag zur Regierungsbildung

Fischer erteilt Faymann Auftrag
Fischer erteilt Faymann Auftrag(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Das Staatsoberhaupt wünscht sich vom SPÖ-Chef "gute und sachliche Verhandlungen" sowie einen "fairen Umgang" mit den Gesprächspartnern.

Bundespräsident Heinz Fischer hat SP-Chef Werner Faymann m Mittwoch in der Hofburg den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. "Es ist ein Faktum, dass die stimmenstärkste und zweitstärkste Partei eine stabile Mehrheit an Mandaten haben", bekräftigte das Staatsoberhaupt dabei seinen Wunsch nach einer großen Koalition. Weiters bat er um "gute und sachliche Verhandlungen" sowie einen "fairen Umgang" der Verhandlungspartner miteinander.

Faymann unterstrich, dass er VP-Obmann Michael Spindelegger zu Verhandlungen einladen werde. Angesprochen darauf, dass sich die ÖVP noch nicht auf eine Koalition mit der SPÖ festlegen wollte, meinte Faymann, er respektiere, dass der Partner einen anderen Weg gehe, der aber in die selbe Richtung führe, wie er hoffe. Mit Blick auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der FPÖ, betonte Faymann neuerlich: "Ich habe keine blauen Karten unter dem Tisch versteckt." Eine Koalition mit den Blauen werde es mit ihm folglich nicht geben.

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Verhandlungen "ohne Kochrezept"

Die Verhandlungen will der Budneskanzler "ohne Bedingungen, die als Erpressung gedeutet werden können", aber "mit fester Haltung" führen. Den Koalitionsvertrag sieht er als "Rahmenvertrag", der eine bestimmte Richtung vorgibt, nicht als "Kochrezept". "Ich unterschätze und überschätze den Koalitionsvertrag nicht", meinte Faymann. Beide Parteien müssten "kompromissbereit im positiven Sinne für das Land" sein.

Eine Urabstimmung über den Koalitionsvertrag lehnte der SPÖ-Chef ab. Der Bundesparteivorstand werde nach einer ausführlichen Diskussion die Abstimmung über den "Rahmenvertrag" vornehmen. Die Zusammensetzung des Teams für die Regierungsverhandlungen werde der Bundesparteivorstand am Montag beschließen. Ebenso wie eine Urabstimmung lehnte Faymann dann auch den Gang in die Opposition ab, denn das hieße, eine FPÖ-ÖVP-Team Stronach-Regierung in Kauf zu nehmen, warnte er.

Regierungsbildungsauftrag im Wortlaut

"Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

I. Die Nationalratswahlen vom 29. September 2013 haben ergeben, dass die beiden bisherigen Regierungsparteien, nämlich SPÖ und ÖVP, zusammen 50,8 % der Stimmen und die vier anderen Parlamentsparteien, nämlich FPÖ, GRÜNE, Team Stronach und Neos zusammen 43,6 % der Stimmen erreicht haben. Was den Mandatsstand betrifft, werden die bisherigen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP in der kommenden Gesetzgebungsperiode zusammen über 99 Mandate (also über eine absolute Mehrheit) verfügen, während alle anderen Parteien zusammen über 84 Mandate verfügen. An der Reihenfolge der drei stimmen- und mandatsstärksten Parlamentsparteien, nämlich SPÖ (26,8 %), ÖVP (24,0 %) und FPÖ (20,5%), hat sich nichts geändert.

II. Unter Bedachtnahme auf dieses Wahlergebnis betraue ich Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler Faymann, als den Vorsitzenden der stimmen- und mandatsstärksten Partei, mit der Erstattung von Vorschlägen für die Bildung einer neuen Bundesregierung im Sinne des Art. 70 Abs. 1 der Bundesverfassung.

III. Die von Ihnen zu bildende Bundesregierung wird auch die Aufgabe haben, den Ursachen des Ergebnisses der jüngsten Nationalratswahl auf den Grund zu gehen und daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Das betrifft sowohl den Stil der Regierungsarbeit als auch die Durchsetzungsfähigkeit bei wichtigen Reformprojekten. Darüber hinaus sollen die Oppositionsfraktionen im Parlament in den Prozess der politischen Willensbildung in bestmöglicher Weise eingebunden werden. Die zu bildende Bundesregierung muss auch bereit und in der Lage sein, Österreichs Rolle im europäischen Integrationsprozess in umfassender Weise wahrzunehmen und darauf hinzuarbeiten, dass österreichische und europäische Interessen in ihrer Gesamtheit und in ihrer wechselseitigen Bedingtheit gesehen und bearbeitet werden. Ich bin überzeugt, dass es im Interesse unseres Landes und der künftigen Bundesregierung gelegen ist, die Regierungsverhandlungen zügig zu führen und abzuschließen.

IV. Ich darf um regelmäßige Berichterstattung über den Stand der Regierungsverhandlungen ersuchen und wünsche Ihnen für die mit diesem Auftrag verbundenen Bemühungen den besten Erfolg. Ich bleibe mit besten Wünschen und mit freundlichen Grüßen,

Bundespräsident Dr. Heinz Fischer"

(APA)

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