Monika Lindner: Die Volksfeindin

Hat sie das alles notwendig? Anscheinend schon. Monika Lindner im Shitstorm, digital und analog.
Hat sie das alles notwendig? Anscheinend schon. Monika Lindner im Shitstorm, digital und analog. (c) Clemens Fabry
  • Drucken

Die Ex-ORF-Chefin kehrt als wilde Abgeordnete zurück. Und stachelt Boulevard und soziale Netzwerke zu Höchstleistungen an. „Moneyka“ und Medien – eine eigenwillige Beziehung.

Es gibt Menschen, die leben vom Hass ihrer Gegner. Monika Lindner scheint so ein Mensch zu sein. Schon als ORF-Chefin war sie so. Und jetzt erst recht, als wilde Abgeordnete in spe. Vor allem die Kritik ihrer ehemaligen Kollegen scheint sie regelrecht dazu anzustacheln, wider alle Vernunft, an ihrem Mandat, das ihr zwar rechtlich, nicht aber moralisch zusteht, festzuhalten. „Das ist ihr Anti-Aging“, meinte ein ORF-Kollege jüngst, der aus Erfahrung sprach.

Und so setzte sich Monika Lindner an diesem Dienstagabend dann auch ins „ZiB 2“-Studio – und sich den Fragen Armin Wolfs aus. Jenes Mannes, den sie einst zum „ZiB 2“-Moderator gemacht hatte und der dann mit seiner bemerkenswerten Rede aus Anlass der Verleihung des Robert-Hochner-Preises, einer Abrechnung mit dem System Lindner, zu ihrem Sturz beigetragen hatte. Und der sich in den vergangenen Tagen und Wochen in seinem zweiten Leitmedium, auf Twitter, an seiner ehemaligen Chefin hinreichend abgearbeitet hatte.

>>> Umfrage: Soll Lindner ihr Mandat annehmen?

Wie in den sozialen Netzwerken überhaupt der Volkszorn – oder Shitstorm, wie es diesbezüglich passender heißt – über Monika Lindner hereinbrach. Das Wortspiel „Moneyka“ war noch eine der freundlicheren Zuschreibungen.

Da saß Monika Lindner nun also im „ZiB 2“-Studio. Irgendwie rang einem das dann sogar Respekt ab. Redundant in den Antworten zwar, hielt sie dem nachhakenden Moderator dennoch stand. In dieser typischen Lindner-Manier: bestimmt, beherrscht, machtbewusst. Um dann am Ende beinahe nachdenklich zu schließen: „Ich hab das vor, ja“, sagte sie sanft, nach einer viersekündigen Pause, auf die Frage, ob sie tatsächlich vorhabe, sich am kommenden Dienstag im Parlament angeloben zu lassen.

„Willkommen Österreich“

Zur selben Zeit machten sich auf ORF eins Christoph Grissemann und Dirk Stermann in „Willkommen Österreich“ (ein Sendungstitel, den Lindner einst erfunden hatte, freilich unter anderen Vorzeichen, als Vorabendmagazin) über Monika Lindner lustig. Wohlgemerkt: Das ist die ehemalige Chefin des Unternehmens, von 2002 bis 2006 war sie Generaldirektorin des ORF.

Kann man sich vorstellen, dass in einem anderen Unternehmen – noch dazu coram publico – so mit einem früheren Vorstand, der sich keiner größeren Malversationen schuldig gemacht hat, umgegangen wird? Denn das Lindner-Bashing zog sich zuletzt subtil durch alle ORF-Sendungen, die sich mit ihr beschäftigten.



Und auch der Zeitungsboulevard hatte seine Hetz. Dass Monika Lindner ausgerechnet diesen Gazetten bereitwillig Interviews gab, um sich zu rechtfertigen, hielt diese nicht davon ab, ihre Seiten mit Anti-Lindner-Leserbriefen – da war er wieder, der Volkszorn, diesmal in seiner analogen Form – zu füllen. Die Gratiszeitung „Heute“ zeigte auf ihrer Seite eins gar die im Bau befindliche Lindner-Villa am Wiener Stadtrand. So nach dem Motto: Seht her, Leute, dafür braucht sie das viele Geld! 18.300 Euro im Monat sollen es übrigens sein. ORF-Pension plus Abgeordnetengehalt.

Jägerin mit herrischem Ton

Die Lindner-Antipathie hat freilich auch ihre Ursache, speziell jene im ORF. Als ORF-Generaldirektorin, aber auch in ihren Rundfunk-Funktionen davor, war Lindner für ihre ÖVP-Nähe bekannt, vor allem aber für ihren herrischen und rüden Umgangston gegenüber Mitarbeitern, nicht zuletzt auch gegenüber Mitarbeiterinnen, gefürchtet. Als sie als Generaldirektorin den Küniglberg verlassen und Alexander Wrabetz Platz machen musste, weinte ihr dort kaum jemand eine Träne nach.

Um sich in Erwin Prölls patriarchalisch gestrickter, niederösterreichischer ÖVP-Gesellschaft durchzusetzen, musste man wahrscheinlich auch so werden oder sein, wie es die ehemalige Landesintendantin und Hobbyjägerin Monika Lindner ist. Ein „Flintenweib“ könnte man sie nennen, wenn es nicht ein wenig despektierlich klänge.

Karriere, Macht und Ganztagsschule

Eine Karrierefrau ist Monika Lindner zweifellos. Eine, die Macht anstrebt und Macht ausüben will. Um fast jeden Preis. Ideologisch beliebig ist sie deswegen nicht. Der Korridor, in dem sie sich diesbezüglich bewegt, liegt tatsächlich zwischen ÖVP und Team Stronach.
Konservativ, wirtschaftsliberal, aber in Frauen-, Familien- und Bildungsfragen dann doch wieder recht modern. Die Ganztagsschule sei eines ihrer großen Anliegen, schließlich sei es Frauen nur so möglich, Karriere zu machen, sagte die Kinderlose vor Kurzem. Auch für eine Gesamtschule trete sie ein.

Sie wird sich im Parlament nun dafür einsetzen können, soweit das als Ein-Frau-Fraktion möglich ist. Auf einem Mandat, das ihr rechtlich, aber nicht moralisch zusteht. Aber die Moral, die schnitzt sich eine wie Monika Lindner schon selbst.

Volkszorn hin, Shitstorm her.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Lindner will "in allen Klubs Verbündete suchen"
Politik

Lindner will "in allen Klubs Verbündete suchen"

Trotz der Welle an Kritik werde sie ihr Mandat annehmen, sagt die ehemalige ORF-Generalintendantin. Dem Team Stronach wirft sie einen "unglaublichen Vertrauensbruch" vor.
Lindner, Olah, Königshofer

Die ''Wilden'' im Parlament

Wie Monika Lindner unser System bloßstellte
Gastkommentar

Wie Monika Lindner unser System bloßstellte

Gastkommentar. Die Ex-ORF-Chefin kandidierte für eine Partei „neuer Werte“, ist aber nur Symptom für die Verlotterung des „alten“ Systems.
Taeuschung Stronach prueft Klage
Politik

"Täuschung": Stronach prüft Klage gegen Lindner

Die Ex-ORF-Generaldirektorin könnte bald vor Gericht stehen. Team-Stronach-Klubobfrau Nachbaur wirft ihr eine "zutiefst unfaire Vorgangsweise" vor.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.