BZÖ jagte Phantom-Stimmzettel

Josef Bucher, Stimmzettel, BZÖ, Wahlergebnis
Josef Bucher, Stimmzettel, BZÖ, Wahlergebnis(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Höchstgericht verwirft Beschwerde gegen Wahlergebnis. Der vom BZÖ angefochtene Stimmzettel existiert nicht. Kärntner Koalition behält ihre Verfassungsmehrheit.

Wien. Lange zürnte das BZÖ, weil der Partei bei der Kärntner Landtagswahl am 3.März eine Stimme vorenthalten worden sein soll. In der Gemeinde Micheldorf sei nämlich auf einem Stimmzettel das BZÖ angekreuzt, die Stimme aber nicht gezählt worden, weil der Wähler gleichzeitig im Vorzugsstimmenfeld des Teams Stronach eine pornografische Karikatur angebracht hatte. Eine einzige Stimme war aber entscheidend dafür, dass das BZÖ im Kärntner Landtag ein Mandat an die Grünen verlor. Und dadurch die rot-schwarz-grüne Koalition eine Verfassungsmehrheit erhielt.

Grund genug also für das BZÖ, das Wahlergebnis beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzufechten. Doch das Verfahren endete nun mit einer Überraschung: Den in der Beschwerde angegebenen Stimmzettel gibt es nämlich gar nicht. Man habe alle von der Wahlkommission für ungültig erklärten Stimmzettel in der Gemeinde angesehen, erklärte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Aber auf keinen hätte die Beschreibung des BZÖ gepasst. Warum der orange Vertreter in der Wahlkommission glaubte, „dass es so einen Stimmzettel gibt, weiß ich nicht“, betonte Holzinger. Der orange Vertrauensmann dürfte sich wohl verschaut haben. Denn die Richter stießen zwar auf einen ungültigen Stimmzettel samt pornografischer Zeichnung. Auf diesem waren aber klar die Piraten und nicht, wie behauptet, das BZÖ angekreuzt. Die Orangen spielten nur insofern eine Rolle, als die pornografische Zeichnung selbst neben dem Feld für die Liste „BZÖ – Liste Josef Bucher“ gezeichnet war.

Was der Wähler der Partei mit dem gezeichneten Penis sagen wollte, bleibt ebenso rätselhaft wie die Visionen des BZÖ-Wahlhelfers. Möglicherweise spielte es eine Rolle, dass Frank Stronach im Wahlkampf über Josef Bucher sagte, dieser habe „keine Hoden“. Klar ist aber, dass die Stimme nicht für das BZÖ gezählt werden kann, wenn die Piraten angekreuzt wurden. Die Piratenpartei selbst wiederum hätte gute Chancen gehabt, den Stimmzettel für sich zu reklamieren. Auch VfGH-Chef Holzinger betonte, dass die Stimme für eine Partei nicht ungültig werde, wenn man neben den Parteibezeichnungen etwas malt. Die im Landtag nicht vertretenen Piraten fochten die Wahl aber nicht an, zumal die eine Stimme ihnen auch nichts mehr nützen würde.

Im Ergebnis wurde also die BZÖ-Beschwerde verworfen, weil der darin beschriebene Stimmzettel nicht existiert. Der eigentlich für die Piraten gültige (und von der Wahlkommission wohl zu Unrecht für nichtig erklärte) Stimmzettel bleibt ungültig, weil sich über ihn niemand beschwert hat. Und das Wahlergebnis in Kärnten bleibt auch, wie es ist: Die Grünen behalten ihre fünf Mandate im Landtag, das BZÖ muss mit zwei Sitzen sein Auslangen finden, und die rot-schwarz-grüne Koalition hat weiterhin eine Verfassungsmehrheit.

Zu wenig Datenschutz für Unschuldige

Aufgehoben wurde vom VfGH hingegen eine Bestimmung in der Strafprozessordnung: Sie sieht vor, dass sämtliche Daten, die im Rahmen eines Strafverfahrens zu einer Person ermittelt wurden, auch für andere gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verfahren verwendet dürfen. Und zwar selbst dann, wenn jemand freigesprochen oder das Verfahren eingestellt wurde. Eine derart pauschale Erlaubnis zur Datenverwendung verletzte das Grundrecht auf Datenschutz, erklärten die Verfassungsrichter. Man müsse genauer festhalten, wann Daten in anderen Verfahren verwendet werden dürfen.

Der Gesetzgeber hat nun bis Ende Oktober 2014 Zeit, eine Neuregelung zu finden. Ansonsten tritt die Erlaubnis, die gesammelten Daten für andere Verfahren zu verwenden, ganz außer Kraft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2013)

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Kommentare

Es muss ja nicht der Richter sein


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