Österreich - die verschlossene Republik

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In einer Studie zur Transparenz der Verwaltung nimmt Österreich den letzten Platz ein. Das hat gute Gründe. Ein Reformplan wurde auch noch nicht umgesetzt.

Wien. Nicht schlecht staunte ein Niederösterreicher, als er versuchte, das Ergebnis der Vorzugsstimmen bei der Langenzersdorfer Gemeinderatswahl herauszufinden. Die Gemeinde verriet es nicht. Begründung: Im Gesetz stehe, dass die Gemeinde die Vorzugsstimmen bekannt geben „kann“. Von „müssen“ sei keine Rede. Also bleibt geheim, was geheim bleiben soll.

Das gilt nicht nur für kleine Gemeinden, sondern auch für den Bund. Wenn ein Ministerium mit Steuergeld eine Studie finanziert, haben Bürger kaum Chance, davon etwas zu erfahren. Außer der Minister gibt die Studie von sich aus bekannt, etwa, weil ihm das Ergebnis gefällt. Für Aufsehen sorgte zuletzt Umweltminister Nikolaus Berlakovich: Er wollte mit Blick auf das Amtsgeheimnis nicht sagen, wie viele der für Bienen schädlichen Pestizide im Umlauf sind. Schließlich verriet er es doch. Die mangelnde Auskunftsfreudigkeit hierzulande – seit Monarchiezeiten historisch gewachsen – fällt auch international auf. Wie schon im Vorjahr wurde Österreich heuer Schlusslicht bei einer internationalen Studie, die die Transparenz der öffentlichen Verwaltung beleuchtet. Im „Right to Information“-Ranking der spanischen NGO Access Info Europe und des kanadischen Centre for Law and Democracy landete Österreich auf dem 95.Platz von 95Nationen. Wie das ORF-Radio berichtet, ging Platz eins an Serbien vor Indien.

Auskunftsrecht nur auf dem Papier?

Auch wenn ein Ländervergleich im Rechtsbereich immer mit Vorsicht zu genießen ist, legt die Studie einen Finger in eine offene Wunde. Schließlich hatte die Regierung vor der Wahl eine Aufweichung des Amtsgeheimnisses versprochen. Daraus wurde aber nichts. Offiziell, weil man nichts übers Knie brechen wollte. Im Hintergrund hatten aber auch nicht alle eine Freude mit der Aufweichung des Amtsgeheimnisses. Das Amtsgeheimnis steht in Österreich – was international unüblich ist – in der Verfassung. Allerdings dürfen Behörden laut Gesetz die Auskunft nur unter bestimmten Umständen verweigern, zum Beispiel, wenn dies für öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, Landesverteidigung oder für die auswärtigen Beziehungen nötig ist. Auch Vorbereitungen einer behördlichen Entscheidung bleiben geheim. Wenn ein Bürger keine Auskunft erhält, kann er zwar zu Gericht gehen und dort feststellen lassen, dass sein Auskunftsrecht verletzt wurde. Einblick erhält er aber weiterhin nur über die Behörden. Und diese sollen sich manchmal auch nach einem Gerichtsurteil wenig auskunftsfreudig zeigen.

Die Initiative transparenzgesetz.at schlug vor, dass eine externe Stelle behördliche Akten darauf prüfen soll, ob diese geheim bleiben müssen. Die Koalition erwog zuletzt ein Gesetz, das die Auskunft zur Regel und das Amtsgeheimnis zur Ausnahme machen soll. Vertreter der Regierungsparteien erklärten am Donnerstag jedenfalls, dass man an den Reformbemühungen festhalte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2013)

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