Kanzler Faymann reist heute nicht wie geplant zu einem Gipfel zur Jugendarbeitslosigkeit. Stattdessen verhandelt er mit Vizekanzler Spindelegger über das drohende Milliarden-Loch.
Jetzt schaltet sich die Regierungsspitze selbst voll in die Verhandlungen über das drohende Milliarden-Loch in den Staatsfinanzen ein. Bundeskanzler Werner Faymann wird deswegen heute, wie der „Presse" bestätigt wurde, entgegen dem ursprünglichen Plan nicht zu dem Gipfeltreffen zur Jugendarbeitslosigkeit nach Paris fliegen. Diese Aufgabe übernimmt nun Sozialminister Rudolf Hundstorfer allein.
Hintergrund dafür ist der zuletzt zwischen SPÖ und ÖVP eskalierende Konflikt um das tatsächliche Ausmaß des Fehlbedarfs im Budget und notwendige Einsparungen. Wirtschaftsforscher haben die Lücke mit 30 bis 40 Milliarden Euro bis 2018 beziffert, für die SPÖ ist dieser Betrag viel zu hoch gegriffen.
Am Dienstag Nachmittag tagt nun nicht nur die rotschwarze Finanzgruppe der Koalitionsverhandler, auch Kanzler Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger stehen in intensivem Kontakt, um Klärung herbeizuführen, wie hoch der Fehl- und Sparbedarf tatsächlich ist.
Während um die Bildung einer neuen Regierung verhandelt wird, ist noch die alte im Amt. Und sie darf sich nicht nur zurücklehnen und auf ihre Ablöse warten. Bereits jetzt gilt es, einige Punkte abzuarbeiten.(Von Philipp Aichinger, Karl Ettinger und Julia Neuhauser) (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Das seit gut einer Dekade diskutierte neue Lehrerdienstrecht soll laut Plan noch vor Weihnachten beschlossen werden. Deshalb ist dieses Thema auch nicht Teil der laufenden Koalitionsverhandlungen, sondern wird separat diskutiert. So trafen sich Montagabend Regierung und Gewerkschafter zum 35. Mal. Dennoch scheint eine Einigung unwahrscheinlicher als das Platzen der Verhandlungen. Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) stellte etwa klar, dass an dem Regierungsentwurf in den Grundzügen festgehalten werde. Veränderungen soll es nur bei technischen Details geben. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Das stößt den Lehrern sauer auf. Es seien mehr als 1700 meist kritische Stellungnahmen zu dem Entwurf eingegangen, den die Regierung im Sommer ohne Einigung mit der Gewerkschaft in Begutachtung geschickt hat. Sollten diese nicht eingearbeitet werden, wäre das für die Gewerkschaft eine „demokratiepolitische Frotzelei“ – und ein möglicher Grund, die Verhandlungen zu beenden. Die Regierung könnte das Dienstrecht aber – theoretisch – auch gegen die Gewerkschaft beschließen. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Am Montagnachmittag erfolgte auch der Auftakt zur Gehaltsrunde für 2014 zwischen Regierung und Beamtengewerkschaft. Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat gemäß Sparkurs eine „moderate“ Erhöhung der Bezüge für 132.000 Bundesbedienstete ab Jänner zugesagt. Wirtschaftsforscher legten die Ausgangslage dar. Zugleich ist der Abschluss eine Vorgabe für die Gehaltserhöhung von Landes- und Gemeindebediensteten. Mehrkosten für den Bund bei einer Lohnerhöhung um ein Prozent: rund 120 Millionen Euro. (c) APA/ANDREAS PESSENLEHNER (ANDREAS PESSENLEHNER) Auch im Parlament blieb ein Großprojekt unerledigt liegen. Die Entscheidung über Sanierung und Umbau des schwer baufälligen Parlamentsgebäudes wurde wegen der Kosten von bis zu 500 Millionen Euro auf die Zeit nach der Wahl verschoben. Jetzt können sich die Parlamentarier nicht mehr drücken. Erste Pläne müssen in Angriff genommen werden, sonst laufen ab Juli 2014 Brandschutzbewilligungen endgültig aus. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Die Folge: Der Theophil-Hansen-Bau am Ring müsste gesperrt werden. Bis Weihnachten soll es eine erste Klärung geben: Alle Nationalratsklubs erhalten demnächst von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Unterlagen mit diversen Varianten. In den ersten Monaten 2014 muss endgültig eine Entscheidung fallen. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Übrig geblieben sind von der letzten Legislaturperiode auch die Lockerung des Amtsgeheimnisses und die Demokratiereform (bei genügend Unterstützern soll ein Volksbegehren eine Volksbefragung auslösen). Beides hätte vor der Wahl beschlossen werden sollen, wurde aber verschoben. Offiziell, um ausreichend Begutachtungsfrist zur Verfügung zu haben. Insgeheim gab es aber auch inhaltliche Vorbehalte. Wenn man nun will, könnte die noch amtierende Regierung die Reformen wegen der umfangreichen Vorarbeiten leicht in die Wege leiten. Realistischer ist es aber, dass die Themen im neuen Regierungsprogramm verankert werden. (c) BilderBox (Wodicka; A-4062 Thening) Was die alte Regierung noch umsetzen kann (ett)
Lesen Sie mehr zu diesen Themen: