Aufstand gegen Familiensparpaket

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Organisationen leisten Widerstand gegen den Plan der Koalition. Der Chef des Familienbundes warnt SPÖ und ÖVP: "Ein Nullergebnis wird nicht akzeptiert."

Wien/Linz. Neben der internen Kraftprobe zwischen SPÖ und ÖVP um Einsparungen und Privatisierungen kommt auf die beiden Parteien im Endspurt bei den Regierungsverhandlungen neues Ungemach zu. Denn jetzt schließen sich die Familienorganisationen zusammen, weil sie die geplante Streichung der von der Regierung schon im Juni vereinbarten Erhöhung der Familienbeihilfen nicht einfach hinnehmen. Ein Schreiben ist bereits an die Verhandler geschickt worden.

Der Obmann des Familienbundes, Bernhard Baier, der auch Linzer Vizebürgermeister und designierter neuer ÖVP-Stadtparteichef ist, warnt im Gespräch mit der „Presse“: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Familien und die Familienorganisationen ein Nullergebnis akzeptieren werden.“ Via Facebook wird seit Montag der Vorwoche der Protest gebündelt.

Baier verweist darauf, dass die Familien schon in den vergangenen Jahren Opfer gebracht haben. So sei die Familienbeihilfe in den vergangenen 22 Jahren um elf Euro angehoben worden, während die Inflationsrate bei 50 Prozent gelegen sei: „In Wahrheit ist die Familienbeihilfe, wenn überhaupt, nur mehr die Hälfte wert.“ Das Kinderbetreuungsgeld wiederum sei bei der längsten Auszahlungsvariante seit der Einführung im Jahr 2002 gleich hoch, was einen Wertverlust von 26 Prozent bedeute.

Der Obmann des Familienbundes nimmt deswegen die von SPÖ und ÖVP nach der Einigung über die Finanzlücke von 24Milliarden Euro angekündigte Streichung der Erhöhung der Familienbeihilfe nicht hin: „Auch eine neue Regierung muss in dem Bereich Signale setzen. Es muss eine Besserstellung kommen.“ Baier weiter: „Die Familien dürfen am Ende nicht die Dummen sein. So ist es aber derzeit.“

Allerdings hat er die Hoffnung auf ein Umdenken bei den Koalitionsverhandlungen noch nicht aufgegeben, denn „die Verhandlungen sind ja noch nicht abgeschlossen“. Er habe das auch intern in Gesprächen deponiert, dabei habe es durchaus Verständnis gegeben.

Schreiben an Regierungsspitze

Dabei wird es aber nicht bleiben. „Wir sind auch in Gesprächen mit anderen Familienorganisationen, um hier zu einem Schulterschluss zu kommen“, versichert der Obmann des Familienbundes. Dazu zählen der Katholische Familienverband, die SPÖ-Kinderfreunde, die Plattform für Alleinerziehende sowie die Familienorganisation der Freiheitlichen, die insgesamt 1,2 Millionen Familien vertreten. In einem Schreiben wurde die Position der Familienorganisationen bereits Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger vorgetragen.

Hauptziele sind der Ausgleich des Wertverlustes bei den Beihilfen und in der Folge eine jährliche Valorisierung, also die Anpassung an die Teuerungsrate, sowie der Ausbau der Kinderbetreuung. Letzteres ist von den Einsparungen ausgeklammert: SPÖ und ÖVP sehen bis 2018 weiterhin 350 Millionen Euro vor.

Davon getrennt fordert Baier die auch von der ÖVP-Spitze im Nationalratswahlkampf verlangte Berücksichtigung der Familien bei einer Steuerreform durch einen Steuerfreibetrag von 7000 Euro für Eltern pro Kind. Auch diese Frage solle im Laufe der Legislaturperiode gelöst werden.

Kritik von Bischof Küng

Nach Protesten der Bundesjugendvertretung und der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) gegen ein Ausbleiben der höheren Familienbeihilfen hat am vergangenen Montag auch der Familienbischof und St.Pöltner Diözesanbischof, Klaus Küng, heftige Kritik an der Regierung geübt. In den „Niederösterreichischen Nachrichten“ beklagte Küng, er finde es „ungerecht und eigentlich sehr kurzsichtig“ von der Bundesregierung, dass budgetäre Schwierigkeiten zulasten der Familien gingen. Der neue Caritas-Präsident, Michael Landau, hat zuletzt im ORF-Radio ebenfalls höhere Familienbeihilfen verlangt.

ZUR PERSON

Bernhard Baier (38) ist seit November 2011 Obmann des ÖVP-nahen Familienbundes und seit 7.November dieses Jahres ÖVP-Vizebürgermeister in Linz. Seit Montag organisiert der Familienbund Widerstand gegen den von SPÖ und ÖVP vor knapp zwei Wochen vereinbarten Verzicht auf eine Erhöhung der Familienbeihilfen. [ Familienbund ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2013)

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