Was an der alten Regierung neu ist

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Spindelegger wird Finanzminister, Kurz wird Außenminister. Faymanns SPÖ boxt eine Verlängerung der Solidarabgabe durch. Pläne für weitere Privatisierungen und höhere Steuern sind fix.

Wien. Den beiden Parteichefs waren die Strapazen der vergangenen Dauerverhandlungstage ins Gesicht geschrieben. Am Donnerstag um 14 Uhr konnten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger schließlich vor die Medien treten, um den Abschluss der Verhandlungen über eine Neuauflage der SPÖ-ÖVP-Regierung bis 2018 zu verkünden. Einige strittige Punkte sind nach Informationen der „Presse“ geklärt: So wird die bis 2016 limitierte Solidarabgabe für Spitzenverdiener verlängert. Einen Kompromiss spiegeln Neuerungen in der Familien- und Schulpolitik wieder. Es „soll“ ein zweites Gratis-Kindergartenjahr eingeführt werden. Die Familienbeihilfen werden Mitte 2014 je nach Alter der Kinder auf 180, 200 und 220 Euro erhöht.

• Personalentscheidungen: Die neue Regierung wird um zwei Staatssekretäre verkleinert.

• SPÖ-Team: Faymann vertraut mit einer Ausnahme seinem bisherigen Team: Die rote Überraschung ist die 32-jährige steirische Parlamentarierin Sonja Steßl als neue Staatssekretärin im Finanzministerium. Fixstarter sind Rudolf Hundstorfer (Soziales), Gabriele Heinisch-Hosek (Unterricht und Frauen), Doris Bures (Infrastruktur), Alois Stöger (Gesundheit), Josef Ostermayer steigt vom Staatssekretär zum Kanzleramtsminister auf.

• ÖVP-Team: Spannender verlief Spindeleggers Suche nach dem ÖVP-Regierungsteam, ehe am Abend Klub und Parteivorstand tagten. Der ÖVP-Chef übernimmt nun statt Maria Fekter das Finanzministerium mit seinem Kabinettschef Jochen Danninger als Staatssekretär. Außenminister wird Staatssekretär Sebastian Kurz, der seine Integrationsagenden in das Außenamt mitnimmt.  Reinhold Lopatka wurde mit 98 Prozent zum ÖVP-Klubchef gewählt. Unklar ist derzeit noch, wer Nikolaus Berlakovich als Landwirtschaftsminister nachfolgt. Auch um das Justizressort gab es Rätselraten: die Übernahme durch einen Rechtsanwalt wurde kolportiert, auch ein Verbleib von Ministerin Beatrix Karl galt als möglich. Ein großes Fragezeichen steht auch hinter Karlheinz Töchterle als Wissenschaftsminister.

Der Koalitionspakt wird am Freitag offiziell vorgestellt. Details sickerten durch.

Die wichtigsten Punkte:

• Finanzen und Steuern: Um bis 2016 ein Nulldefizit zu erreichen, werden auch Steuern erhöht: die Normverbrauchsabgabe beim Autokauf sowie die motorbezogene Versicherungssteuer. Die Alkoholsteuer wird um 20 Prozent erhöht; die Steuer auf Sekt und Prosecco um einen Euro je Liter. Für eine Steuerreform gibt es eine Absichtserklärung ohne einen Termin. Der Eingangssteuersatz soll von 36,5 „in Richtung“ 25 Prozent gesenkt werden. Einsparungen gibt es Förderungen und in der Verwaltung (siehe Seite 3).

Im Schulbereich ist mehr Unterstützung für die Volksschulen paktiert. Verankert wurde, es müsse an jedem Schulstandort mindestens eine Klasse pro Jahrgang verschränkt (abwechselnd mit Unterricht und Freizeit), ganztägig geführt werden, wenn Bedarf gegeben sei. Als Grenze wurden dafür 12 (Integrationsklassen) bzw. 15 Schüler angeführt.

• Privatisierungen: Um die Formulierung dieses Punktes wurde bis zuletzt heftig gerungen. Eine Arbeitsgruppe muss nun Vorschläge für weitere Privatisierungen machen. Konkret werde man, „wenn wir den Zeitpunkt für richtig halten“ (Spindelegger), über Privatisierungen reden. Nach Lesart der SPÖ ist damit freilich keine Entscheidung über die Verkäufe gefallen. Im Rahmen der Beteiligungsholding „ÖIAG neu“ muss überdies eine Gesamtstrategie festgelegt werden.

• Pensionen: Reichen bisherige Reformvorhaben nicht, sind ab 2016 „verpflichtend“ weitere Maßnahmen durchzuführen. Welche, entscheidet die Koalition. Einigt sich diese nicht, muss eine „Schlichtungsstelle“ mit Experten Klarheit bringen. Bis 2018 soll das faktische Pensionsalter, wie von der ÖVP verlangt, um 1,7 Jahre auf 60,1 Jahre steigen.

• Gratis-Zahnspangen: Konsens gab es im letzten Moment, dass die Krankenkassen doch Kosten für Zahnspangen der Kinder zahlen.

• Mieten: Für Unter-35jährige entfällt bei die Vertragsgebühr bei erstmaligen Abschluss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2013)

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