Spindelegger will Landeschefs auf Linie bringen

Spindelegger Pröll
Spindelegger PröllAPA
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Die öffentlich geführte Diskussion über Gesamtschule und Vermögensteuern soll nur noch innerhalb der Partei geführt werden.

Wien. Wenn es einen Muss-Termin für christlichsoziale Spitzenpolitiker gibt, dann diesen: Die Amtseinführung Franz Lackners als Erzbischof der ältesten Diözese Österreichs, Salzburg. Vizekanzler Michael Spindelegger, die Landeshauptleute von Salzburg, Wilfried Haslauer, und Tirol, Günther Platter, saßen drei Stunden im voll besetzten Salzburger Dom in den Bänken. Kaum war der Schlusssegen vorbei, kam es rund um den Empfang in der Residenz zu harten Wortwechseln zwischen den drei Herren.

Denn ÖVP-Bundesobmann Michael Spindelegger hat genug. Genug von einem Stakkato an Stellungnahmen verschiedener Landeschefs, vor allem aus dem Westen, die seine Bundeslinie in wichtigen Fragen konterkariert haben. Deshalb rief er für Sonntagabend die Granden der Partei, alle Chefs der Länder und Bünde, zu einer Krisensitzung nach Wien in die Politische Akademie zusammen. Und er will dort die Vertrauensfrage stellen. Eine Initiative, die von Niederösterreichs Landeshauptmann, Erwin Pröll, mitausging.

Pühringer: "Er hat unser Vertrauen"

Offiziell hieß es am späteren Nachmittag aus der ÖVP lediglich: Das Treffen diene dazu, die zuletzt öffentlich geführte Diskussion über die gemeinsame Schule und Vermögensteuern "dort zu führen, wo sie hingehört“, nämlich innerhalb der Partei. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer stellte sich schon vorher demonstrativ hinter Spindelegger. "Er hat unser Vertrauen“, sagte er dem ORF. Der Bundesobmann habe nichts anderes getan, als das ausgehandelte Regierungsprogramm seiner Arbeit zu Grunde zu legen.

Was war geschehen? Salzburgs Landeshauptmann Haslauer hat am Wochenende das Fass zum Überlaufen gebracht. Er rüttelte am Tabuthema Vermögensteuer. Während die Bundespartei diese bisher stets strikt abgelehnt hat, ist sie für Haslauer nämlich „denkbar". Dabei wurden Vermögensteuern schon im Wahlkampf immer wieder von der SPÖ gefordert. Spindelegger hat sich aber in den Koalitionsverhandlungen erfolgreich dagegen quergelegt.
Nun wirft der ÖVP-Chef den Landeschefs vor, im Parteivorstand einstimmig für den Koalitionspakt gestimmt zu haben und sich nun öffentlich davon zu verabschieden. So haben sich die Landesobleute von Vorarlberg, Tirol, Salzburg, der Steiermark und auch Wien gegen das Nein der Bundespartei zur Gesamtschule gewendet.

Das Gegenteil von "Entfesselung"

Es geht bei dem, was Ex-SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer wohl „Sudern" genannt hätte, also längst allein nicht nur um das Ausscheren führender ÖVP-Landespolitiker in puncto Gesamtschule. Am Samstag hat auch ÖVP-Wirtschaftsbundobmann Christoph Leitl nachgelegt: Die Gesamtschule sei „keine Bedrohung, sondern eine Chance", um Talente zu fördern. Und viel schwerwiegender: Spindelegger hat es auch fernab des Schulkonflikts geschafft, Leitl und die Wirtschaftsvertreter zu verärgern. Nämlich in seiner Funktion als Finanzminister. Der am Donnerstag im Eiltempo fertiggestellte Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz beinhaltet nicht nur höhere Steuern auf Zigaretten, Sekt und beim Autokauf. Rund die Hälfte des letztlich jährlich 1,2 Milliarden schweren Belastungspakets, das den Österreichern zusätzlich aufgebürdet wird, müssen Wirtschaft und Unternehmen schultern. Die Palette reicht dabei von der Streichung von Vergünstigungen bei der Gruppensteuer, mit der Verluste von Auslandstochterunternehmen künftig weniger oft eingerechnet werden können, bis zu Einschnitten beim Gewinnfreibetrag. Das ist so ziemlich das Gegenteil der von Spindelegger im Nationalratswahlkampf versprochenen „Entfesselung" der Wirtschaft und ein Umsetzen konkreter SPÖ-Forderungen.

Im Umfeld Spindeleggers herrscht massive Verärgerung darüber, dass vor allem die Landeshauptleute von Tirol und Vorarlberg, Günther Platter und Markus Wallner, ausgerechnet zu Jahresbeginn die Schuldebatte als Vehikel nützen, um sich auf Kosten Spindeleggers und der Bundespartei im Land zu profilieren. Die Reihen, die Spindelegger Rückendeckung geben, haben sich seit dem neuerlichen Abschluss einer Koalition mit der SPÖ Mitte Dezember deutlich gelichtet.

Faymann als Schützenhelfer

Seine niederösterreichische Landsmännin, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, zählt zu den Getreuen, Medienstar und Jungaußenminister Sebastian Kurz, Klubobmann Reinhold Lopatka, der dafür in seinem Heimatbundesland Steiermark isoliert dasteht, der traditionell treue Bauernbund mit Obmann Jakob Auer (mit der wichtigen Raiffeisen-Schiene dahinter) und die beiden schwarzen lebenden Landeshauptmanndenkmäler Josef Pühringer (Oberösterreich) und Erwin Pröll, der gerade beim Niederösterreicher Spindelegger entscheidende Mann für das politische Schicksal des ÖVP-Chefs.

In seinem schwarzen Bunker setzt Spindelegger ohnehin nur noch auf Vertraute. Sein Kabinettschef, Jochen Danninger, wurde zur Verstärkung als Staatssekretär ins Finanzministerium geholt, Gernot Blümel wurde als ÖVP-Generalsekretär abbeordert.

Die Situation ist dennoch einigermaßen grotesk. Denn Spindeleggers derzeit wichtigster Schützenhelfer kommt ausgerechnet aus der SPÖ. Er heißt Werner Faymann. Der Bundeskanzler hat jedes Interesse, dass Spindelegger nicht kurz nach der Neuauflage von Rot-Schwarz getroffen von den Pfeilen seiner ÖVP-Parteifreunde politisch verblutet. Bei der Regierungsklausur am Dienstag und Mittwoch dieser Woche werden das die Österreicher in Zeitraffer zu sehen bekommen.

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