Der von der FPÖ organisierte „Akademikerball“ sorgte wieder einmal für Aufregung. Drei Demonstrationszüge fanden am 24. Jänner statt, teilweise kam es zu heftigen Gefechten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Zudem hatte die Polizei erstmals ein Vermummungsverbot in der Wiener Innenstadt verhängt. Gegründet wurde der Ball vor 62 Jahren, damals noch unter dem Namen WKR-Ball, als Veranstaltung von mehrheitlich schlagenden, farbentragenden Hochschulkorporationen.
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Am 18. Jänner 1952 wurde der Wiener Korporationsring (WKR) durch die Unterzeichnung des „WKR-Abkommens" gegründet. Seither bekennen sich seine Mitglieder unter anderem „zum angestammten Volkstum im Rahmen der abendländischen Kulturgemeinschaft" sowie zur „geregelten, pflichtgemäßen Körperertüchtigung". Seit dem Gründungsjahr wird alljährlich ein Ball abgehalten. Fand dieser anfangs im Wiener Konzerthaus statt, ist er ab dem 18. Ball im Jahr 1987 in die Hofburg übersiedelt.
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Im Laufe der Jahre schlossen sich dem Ring immer mehr Verbindungen an. Aktuell werden 21 Gemeinschaften als Mitglieder angegeben, darunter die Wiener Burschenschaften Albia und Olympia. Mit zunehmender Bekanntschaft des Rings und des Balls, nahm auch die Kritik zu. So stoßen sich unter anderem die Österreichische Hochschülerschaft, die SPÖ und die Grünen am Ball. Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos nannte dessen Besucher als „das Who’s who der nationalen und internationalen extremen Rechten“.
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Laut dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes haben zwischen 2009 und 2011 in der Öffentlichkeit umstrittene Persönlichkeiten wie Marine Le Pen, Chefin des französischen Front National, Markus Beisicht, Vorsitzender der rechtsextremen Bürgerbewegung pro Köln, oder Matthias Faust, Ex-Bundesvorsitzender der rechtsextremen Deutschen Volksunion, an dem Ball teilgenommen.
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Aus kritischen Wortmeldungen wurden seit 2009 Protestzüge, organisiert unter anderem von dem Bündnis „NoWKR“ und der Plattform „Jetzt Zeichen setzen“, die im Jahr 2012 ihren bisherigen Höhepunkt erreichten. Damals fiel der Balltermin (die Veranstaltung wird stets am Freitag vor dem letzten Samstag im Jänner abgehalten) auf den 27. Jänner - dem internationalen Holocaustgedenktag. Laut den Veranstaltern nahmen zwischen 6000 und 8000 Menschen am Protest Teil, die Polizei sprach hingegen von 2500.
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Auf das Verbindungshaus der Burschenschaft Bruna Sudetia wurde ein Brandanschlag verübt. Ein Ballbesucher soll Pfefferspray gegen Demonstranten eingesetzt haben. Der SPÖ-Politiker Albrecht Konecny (Bild) wurde nach dem Protest verletzt. Im Verlauf der Ballnacht wurden 20 Personen festgenommen, drei Ballgäste sowie fünf Polizisten verletzt und ein Sprengsatz sichergestellt.
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Im selben Jahr wurde publik, dass der WKR-Ball auf der UNESCO-Liste über immaterielles Kulturerbe angeführt wurde. Eine Eintragung, die die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek als „Verunglimpfung Österreichs bezeichnete. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ortete hingegen ein „Kesseltreiben der selbsternannten Zivilgesellschaft“, die ein „völlig unerträgliches Ausmaß an Unappetitlichkeit“ angenommen habe. Der Eintrag wurde nach seinem Bekanntwerden entfernt.
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Im selben Jahr hatte die Hofburg Vienna auf Initiative der Casinos Austria, die die Hofburg mitbetreiben, angekündigt, die Hofburg ab dem Jahr 2013 nicht mehr für den Ball zur Verfügung zu stellen. Der Grund: Man lehne jede Form von Extremismus entschieden ab. Weiters wolle man „Organisationen, die die nötige Distanz zu einschlägigem Gedankengut vermissen lassen, keine Bühne geben“.
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Die Wiener FPÖ bemühte sich um eine Fortführung der WKR-Veranstaltung. Am 1. Februar 2013 wurde der „Wiener Akademikerball“ in der Hofburg abgehalten. Renate Danler, Geschäftsführerin der Hofburg-Betreibergesellschaft, begründete dies damit, dass die Hofburg „allen im Parlament vertretenen Parteien offen steht“. Am Tag des Balls gingen laut Polizeiangaben rund 3000 Personen aus Protest auf die Straße. Zwei Ballgäste und zwei Polizisten wurden verletzt, neun Menschen wurden festgenommen. Demonstranten warfen Steine, Blumentröge wurden aus der Verankerung gerissen, der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer wurde von einem Farbbeutel getroffen.(Bild: Mölzer als Festredner des WKR-Totengedenkens im Jahr 2006)
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An dem diesjährigen „Akademikerball“ hat übrigens auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache teilgenommen. Im Vorjahr hatte er sein Kommen aufgrund eines Urlaubs abgesagt. Bei der letzten Ausgabe des WKR-Balls 2012 hatte er für Aufregung gesorgt, weil er angesichts der Proteste die Ballbesucher als „neue Juden" bezeichnet haben soll. Bundespräsident Heinz Fischer verweigerte ihm daraufhin die Verleihung des „Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern".
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Zwischen ''Volkstum'' und ''Hassobjekt''
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